DJ IMK: Rezessionsrisiko leicht gesunken
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Die Wahrscheinlichkeit, dass die deutsche Wirtschaft in den kommenden drei Monaten in eine Rezession gerät, ist nach Berechnungen des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) leicht gesunken - von 65,4 Prozent Anfang April auf jetzt 52,6 Prozent. "Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Kriegs sowie fortdauernde Lieferkettenprobleme durch rigide Abschottungen in der Omikron-Welle in China führen dazu, dass die Rezessionswahrscheinlichkeit in Deutschland hoch bleibt", erklärte das zur Hans-Böckler-Stiftung zählende Institut. Der nach dem Ampelsystem arbeitende Konjunkturindikator stehe für den Zeitraum von Anfang Mai bis Ende Juli auf "rot" und signalisiere so weiter ein akutes Rezessionsrisiko.
Die etwas gesunkene Rezessionswahrscheinlichkeit beruht nach der Analyse des Instituts vor allem auf der Stabilisierung zweier konjunktureller Frühindikatoren: Erstens dem leichten Anstieg des Ifo-Geschäftsklimaindex, zweitens einem leichten Rückgang der Zinsaufschläge, die Unternehmen für ihre Anleihen gegenüber Staatspapieren zahlen müssen, was für verbesserte Finanzierungsbedingungen sorgt. Dagegen sei der Finanzmarktstressindex gestiegen, den das IMK aus einem breiten Kranz von Finanzindikatoren berechnet. Das liege an einem abermaligen Anstieg der Prämien von Kreditrisikoversicherungen. Deutlich negative Impulse seien zuletzt auch von den Rückgängen bei Produktionsdaten und den Auftragseingängen des verarbeitenden Gewerbes gekommen.
Die Ökonomen wollten daher die leichte Entspannung nicht überbewerten. "Die vorliegenden Ergebnisse bieten keinen Grund zur konjunkturellen Entwarnung", sagte IMK-Konjunkturchef Thomas Theobald. "Selbst wenn der deutschen Wirtschaft im ersten Halbjahr 2022 eine Rezession erspart bleibt, lassen die weiter hohe Inflation und das neu erreichte Ausmaß an Liefer- und Materialengpässen eine Abwärtsrevision des prognostizierten jahresdurchschnittlichen BIP-Wachstums befürchten." Bislang rechnet das IMK mit einem Plus beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 2,1 Prozent im Jahresmittel 2022, die nächste Prognose erscheint nach Angaben des Instituts Ende Juni.
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May 12, 2022 04:02 ET (08:02 GMT)
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