DJ EU legt Plan zur Beendigung russischer Energieimporte vor
Von Matthew Dalton und Kim Mackrael
BRÜSSEL (Dow Jones)--Die Europäische Union hat einen 300 Milliarden Euro schweren Plan veröffentlicht, der die Abhängigkeit von russischer Energie innerhalb von fünf Jahren beenden soll. Damit wird der politische Wille der Gemeinschaft getestet, die Energiepolitik und Infrastruktur als Reaktion auf die Invasion in der Ukraine zu überarbeiten.
Der Plan sieht vor, dass die europäischen Länder in naher Zukunft zusammenarbeiten, um Gaslieferverträge mit Produzenten aus den USA, dem Nahen Osten und Afrika auszuhandeln, die das russische Gas ersetzen sollen. Gleichzeitig würde die EU den Bau von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien massiv vorantreiben, indem sie die Finanzierung von Projekten aufstockt und die Vorschriften, die diese verlangsamen, vereinfacht.
Der Plan, der von der Europäischen Kommission veröffentlicht wurde, zielt darauf ab, die Einfuhren von russischem Gas in diesem Jahr um zwei Drittel zu senken und die Abhängigkeit von diesem Gas bis 2027 vollständig zu beenden. Ein Großteil des Plans muss noch von den europäischen Regierungen und dem Europäischen Parlament gebilligt werden, um Gesetz zu werden.
"Es ist klar, dass wir diese Abhängigkeit so schnell wie möglich beenden müssen, und zwar viel schneller, als wir vor diesem Krieg vorausgesehen haben", sagte der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Frans Timmermans.
Russland ist der wichtigste Energielieferant der EU. Im vergangenen Jahr bezogen die 27 Staaten der EU etwa 45 Prozent der Erdgaseinfuhren aus dem Land. Außerdem lieferte Russland rund ein Viertel des Erdöls und fast 50 Prozent der Kohle in die EU.
"Es ist sehr ehrgeizig, was sie vorhaben", sagte Anastasios Tomtsis, Partner bei der Anwaltskanzlei Clifford Chance. Dennoch sei der Plan wahrscheinlich realisierbar, "weil es erhebliche Anreize dafür gibt und der politische Wille vorhanden ist".
Der Plan sieht vor, dass bis zum Jahr 2030 45 Prozent der Energie aus Windturbinen, Sonnenkollektoren und anderen erneuerbaren Quellen stammen soll, während im vergangenen Jahr im Rahmen eines umfassenden Plans zur Verringerung der Treibhausgasemissionen nur 40 Prozent vorgeschlagen worden waren. Im Jahr 2020 stammten 22 Prozent der Energie in der EU aus erneuerbaren Quellen. Die Kommission räumt auch Energieeinsparungen Vorrang ein und plant, die nationalen Energieanforderungen für neue Gebäude und andere Maßnahmen zu verschärfen.
Die Kommission schätzt, dass sich die zusätzlichen Kosten für die Umsetzung des Vorschlags bis 2030 auf 300 Milliarden Euro belaufen werden. Der Plan der EU steht vor gewaltigen Hindernissen. Die EU wird in Zukunft viel stärker von Flüssiggasimporten abhängig sein, die wesentlich teurer sind als Importe aus Russland.
Um eine Gegenreaktion der Verbraucher zu vermeiden, schlägt die EU vor, den Regierungen mehr Spielraum bei der Subventionierung der Kraftstoffpreise und der Gewährung von Rabatten für die Verbraucher zu geben.
Um die Hindernisse bei der Genehmigung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien zu umgehen, schlägt die Kommission vor, den Regierungen die Einrichtung von Sonderzonen mit begrenzten regulatorischen Anforderungen zu gestatten, in denen neue Projekte in nur einem Jahr in Angriff genommen werden können, so EU-Beamte.
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May 18, 2022 08:52 ET (12:52 GMT)
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