DJ EZB-Falken wollten im April unverzügliche Maßnahmen - Protokoll
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Forderungen der "Falken" im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) nach einer Straffung der Geldpolitik sind bei den Beratungen am 13./14. April lauter geworden. Wie aus dem jetzt veröffentlichten Protokoll der Beratungen hervorgeht, wollten die Falken Maßnahmen ohne unnötige Verzögerungen ergreifen. Sie wurden dabei aber von den "Tauben" auch unter Verweis auf die vereinbarte Schrittfolge der geldpolitischen Normalisierung gebremst. Das lässt darauf schließen, dass der Rat über eine sofortig Zinserhöhung diskutierte.
Laut Protokoll wollten einige Mitglieder "unverzüglich" handeln, um die Entschlossenheit des EZB-Rats zu demonstrieren, mittelfristig Preisstabilität zu erreichen. Ein solches Vorgehen wurde als notwendig erachtet, um zu verhindern, dass sich der vorübergehende Anstieg der Inflation verfestigt und sich die Inflationserwartungen weiter vom Ziel des EZB-Rats entfernen, was die Rückführung der Inflation auf den Zielwert erheblich verteuern würde.
Die Falken wiesen darauf hin, dass die Geldpolitik immer noch zur Stimulierung der Wirtschaft beitrage, da die Realzinsen nach wie vor tief im negativen Bereich lägen. "Frühere Prognosefehler sowohl bei der Gesamtinflation als auch bei der zugrunde liegenden Inflation trugen zu diesen Bedenken bei. Viele der Aufwärtsrisiken für die Inflationsaussichten, die der EZB-Rat bereits im vergangenen Sommer erörtert hatte, waren bereits vor Kriegsbeginn eingetreten", heißt es im Protokoll.
Die Tauben im Rat hielten dem unter anderem entgegen, dass sich eine zu aggressive Anpassung des geldpolitischen Kurses als kontraproduktiv erweisen könnte, da sie das Wachstum verringern würde, während die Inflation hoch bliebe, weil die Geldpolitik nicht in der Lage sei, die unmittelbaren Ursachen der hohen Inflation zu bekämpfen.
Außerdem sahen sich diese EZB-Ratsmitglieder genötigt, die Falken daran zu erinnern, dass vor Zinserhöhungen die Nettoanleihekäufe beendet werden müssten. "Die von Rat in früheren Sitzungen beschlossene Reihenfolge bei der Normalisierung der Geldpolitik wurde in Erinnerung gerufen", heißt es im Protokoll.
Analysten erwarten, dass der EZB-Rat im Juni ein Ende der Nettoanleihekäufe beschließen wird. Mehrere EZB-Offizielle haben ihre Bereitschaft bekundet, den EZB-Einlagenzins (minus 0,50 Prozent) im Juli erstmals anzuheben. Die aus dem Protokoll hervorgehenden Diskussionen über "unverzügliche Maßnahmen" lassen aber auch einen früheren Zeitpunkt möglich erscheinen.
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May 19, 2022 08:30 ET (12:30 GMT)
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