DJ ÜBERBLICK am Mittag/Konjunktur, Zentralbanken, Politik
Die wichtigsten Ereignisse und Meldungen zu Konjunktur, Zentralbanken, Politik aus dem Programm von Dow Jones Newswires
Ifo-Geschäftsklima hellt sich im Mai unerwartet auf
Das Geschäftsklima in Deutschland hat sich im Mai unerwartet aufgehellt. Der Ifo-Geschäftsklimaindex stieg auf 93,0 (April revidiert: 91,9) Punkte. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte hatten dagegen einen Rückgang auf 91,2 Punkte prognostiziert. Basis war ein vorläufiger April-Wert von 91,8 gewesen. "Anzeichen für eine Rezession sind derzeit nicht sichtbar", kommentierten die Konjunkturforscher die Daten.
Commerzbank gibt trotz Ifo-Anstiegs keine Entwarnung
Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer mag trotz des abermaligen und unerwarteten Anstiegs des Ifo-Geschäftsklimaindex keine Entwarnung für die deutsche Wirtschaft geben. "Nach dem Einbruch im März dürfte die Industrieproduktion in den kommenden Monaten in der Tendenz weiter fallen", schreibt Krämer in einem Kommentar. Zwar habe der Ukraine-Krieg keinen Unsicherheitsschock ausgelöst wie die Finanzkrise 2008, doch verschärfe der Krieg die Materialengpässe der deutschen Wirtschaft, die wegen Chinas Null-Corona-Politik ohnehin ausgeprägt seien.
VP Bank: Ifo-Geschäftserwartungen bleiben niedrig
Das Ifo-Geschäftsklima ist im Mai zum zweiten Mal in Folge unerwartet gestiegen, doch den Chefvolkswirt der liechtensteinischen VP Bank, Thomas Gitzel, bringt das nicht von seiner Skepsis bezüglich der Aussichten für die deutsche Wirtschaft ab. "Es ist vor allem der verbesserten Lageeinschätzung zu verdanken, dass das wichtigste deutsche Konjunkturbarometer im Mai zulegt - die Einschätzungen für den weiteren Geschäftsverlauf bleiben hingegen auf tiefen Niveau", schreibt Gitzel in einem Kommentar.
ING trotz Ifo-Anstiegs nicht optimistisch
ING-Europa-Chefvolkswirt Carsten Brzeski ist trotz des abermaligen und unerwarteten Anstiegs des Ifo-Geschäftsklimaindex im Mai mit Blick auf die deutschen Wachstumsaussichten nicht optimistisch. "Die Erwartungskomponente blieb nahezu unverändert und liegt in der Nähe des Niveaus, das zuletzt zu Beginn der Pandemie beobachtet wurde", schreibt Brzeski in einem Kommentar. Der gute Ifo-Wert spiegele offenbar gefüllte Auftragsbücher und Verbesserungen nach der Schließung wider, aber er bleibe vorsichtig.
Lagarde sieht zwei EZB-Zinserhöhungen bis September
Die Europäische Zentralbank (EZB) kann ihren Einlagenzins nach Aussage von EZB-Präsidentin Christine Lagarde voraussichtlich bis September zwei Mal anheben. In einem auf der EZB-Website veröffentlichten Blog-Post stellte Lagarde für den Fall einer mittelfristig bei 2 Prozent verankerten Inflation weitere Zinserhöhungen bis auf ein "neutrales Niveau" in Aussicht, äußerte sich aber ablehnend zu einem Verkleinerung der EZB-Bilanz.
Bundesbank hält Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal für möglich
Die deutsche Wirtschaft könnte nach Einschätzung der Bundesbank im zweiten Quartal trotz des russischen Kriegs gegen die Ukraine und der neuen Lockdowns in China etwas wachsen. In ihrem aktuellen Monatsbericht äußert die Bundesbank die Einschätzung, dass die Lockerung der Corona-Maßnahmen per saldo schwerer wiegen wird als die Belastungen für die Wirtschaft durch den Krieg. "Im zweiten Quartal 2022 dürfte die deutsche Wirtschaftsleistung aus heutiger Sicht allenfalls leicht zulegen", heißt es in dem Bericht.
IWF senkt deutsche Wachstumsprognose für 2023
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat seine Wachstumsprognose für Deutschland unter dem Eindruck des russischen Überfalls auf die Ukraine und neuer Lieferkettenstörungen im Zusammenhang mit der chinesischen Corona-Politik gesenkt. Die Prognose für das laufende Jahr wurde bestätigt, wie aus einer Mitteilung zum Abschluss von Artikel-4-Konsultationen hervorgeht. Demnach erwartet der IWF für 2022 einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um "rund 2 Prozent", nachdem er im Rahmen seiner im April veröffentlichten Frühjahrsprognose 2,1 Prozent vorausgesagt hatte. Für 2023 werden nun bloß noch "leicht über 2" (bisher: 2,7) Prozent Wachstum vorausgesagt.
Bundesregierung: Ukraine bestimmt Kriegsziele selbst
Die Bundesregierung will der Ukraine nicht vorschreiben, wie ihre Kriegsziele aussehen sollen. Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann betonte, dass Deutschland lediglich einen von Russland angebotenen Diktatfrieden ausschließe. "Entscheidend ist, dass die Ukraine diese Ziele selbst bestimmen kann und selbst bestimmen wird", sagte Hoffmann. "Deshalb liefert Deutschland in großem Umfang Waffen an die Ukraine und unterstützt sie auch politisch und ökonomisch, auch auf internationaler Ebene, um sicherzustellen, dass die Ukraine in der Lage ist, selbst zu bestimmen, unter welchen Bedingungen sie Frieden schließen will."
Habeck: Ungarn sollte Abhängigkeit von russischem Öl reduzieren
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat Ungarn aufgerufen, seine Abhängigkeit von russischem Öl zu reduzieren. In der aktuellen Debatte innerhalb der Europäischen Union über ein Ölembargo gegen Russland seien Ausnahmen für Länder mit einer hohen Abhängigkeit von russischem Öl wie Ungarn denkbar. Aber Ungarn müsse dafür auch am gemeinsamen Ziel der EU für ein Ölembargo festhalten und seinen Verbrauch an russischem Öl reduzieren.
Verbände: Wohnungsbauziel erfordert doppelten Kraftakt
Verbände der deutschen Wohnungswirtschaft haben die Regierung angesichts der jüngsten Statistikdaten zum Wohnungsbau zu einem "doppelten Kraftakt" aufgefordert, um das Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr zu erreichen. "Die heute veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamtes belegen, was für viele Menschen im Alltag mit Händen zu greifen ist: Deutschland kommt nicht schnell genug nach beim Wohnungsbau", erklärten der Dachverband Zentraler Immobilienausschuss (ZIA), der Immobilienverband Deutschland (IVD) und der Verband der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV). Mit der Ankunft hunderttausender flüchtender Menschen aus der Ukraine habe sich der Bedarf noch einmal deutlich erhöht.
Zahl neuer Wohnungen sinkt 2021 auf knapp 300.000
Im Jahr 2021 wurden in Deutschland 293.393 Wohnungen fertiggestellt. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilte, waren das 4,2 Prozent oder 12.983 weniger als im Vorjahr. Die Bundesregierung hat sich das Ziel von jährlich 400.000 neuen Wohnungen in Deutschland gesetzt.
DIHK-Präsident warnt vor Gefahr von Unternehmenspleiten
Angesichts der steigenden Energiepreise hat der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Peter Adrian, vor einer Reihe von Firmeninsolvenzen gewarnt. "Die Gefahr von Unternehmenspleiten ist real. Das gilt insbesondere in den Branchen, wo die Energiekosten von großer Bedeutung sind", sagte Adrian dem Nachrichtenportal T-Online. Gas sei aktuell fünf Mal so teuer wie noch vor einem Jahr. "Wenn der Gaseinkauf ein wesentlicher Faktor der Betriebskosten ist, geht die Rechnung irgendwann nicht mehr auf. Das gilt umso mehr, wenn die Firmen die Preissteigerungen durch vertragliche Bindungen nicht weitergegeben können."
EU skizziert Plan für expansiven finanzpolitischen Kurs
Die Europäische Kommission hat erklärt, dass Maßnahmen zur Abmilderung der Auswirkungen höherer Energiepreise und zur Unterstützung derjenigen, die vor Russlands militärischer Aggression gegen die Ukraine fliehen, zu einem expansiven finanzpolitischen Kurs in der EU im Jahr 2022 beitragen werden. In ihrem Frühjahrspaket für das Europäische Semester erklärte die EU-Behörde, dass die Finanzpolitik die öffentlichen Investitionen für den grünen und digitalen Wandel sowie für die Energiesicherheit ausweiten sollte.
Biden kündigt neues indo-pazifisches Handelsbündnis an
US-Präsident Joe Biden hat am zweiten Tag seines Japan-Besuchs ein neues indo-pazifisches Handelsbündnis angekündigt. Ihm gehören 13 Staaten an, darunter Japan und Indien. China gehört nicht dazu und hat das Bündnis bereits als "zum Scheitern verurteilt" kritisiert.
Biden sichert Taiwan militärische Unterstützung zu
Die USA haben Taiwan im Falle eines chinesischen Einmarsches erneut ihre militärische Unterstützung zugesagt. "Das ist die Verpflichtung, die wir eingegangen sind", sagte US-Präsident Joe Biden auf eine entsprechende Frage beim Treffen mit Japans Ministerpräsident Fumio Kishida in Tokio. China "spielt mit der Gefahr", betonte er.
Peking warnt Biden nach Taiwan-Aussagen vor chinesischer "Entschlossenheit"
China hat auf die Aussagen von US-Präsident Joe Biden zur militärischen Unterstützung Taiwans deutlich reagiert und die Verteidigung seiner nationalen Interessen betont. "Niemand sollte die feste Entschlossenheit, den unerschütterlichen Willen und die starken Fähigkeiten des chinesischen Volkes bei der Verteidigung der nationalen Souveränität und territorialen Integrität unterschätzen", sagte der Sprecher des Außenministeriums, Wang Wenbin.
DJG/DJN/AFP/apo
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May 23, 2022 07:30 ET (11:30 GMT)
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