DJ IW: EU-Schuldenregeln nicht ohne Reform aussetzen
Von Andreas Kißler
KÖLN/BERLIN (Dow Jones)--Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) hat eine weitere Aussetzung der EU-Schuldenregeln befürwortet, aber weitergehende Reformen verlangt. Dass die EU-Kommission den Stabilitäts- und Wachstumspakt aufgrund des Krieges in der Ukraine 2023 noch für ein weiteres Jahr aussetzen wolle, mache "nur dann Sinn, wenn Europa diese Zeit nutzt, um die Schuldenregeln zu reformieren". Die Kriegsauswirkungen seien überall zu spüren, viele EU-Länder nähmen ihre Wachstumsprognosen zurück.
Hohe Energiepreise, Engpässe bei der Rohstoffversorgung und in den Lieferketten, aber vor allem ein drohender Ausfall der Gasversorgung führten nicht nur zu hohen Kaufkraftverlusten, sondern auch zu weiteren Angebotsengpässen in der Industrie. Deshalb und aufgrund der großen Unsicherheit sei es ein richtiger Schritt, die Aussetzung noch ein Jahr zu verlängern. Auch wäre es in der jetzigen Lage schädlich, wenn die Wiedereinsetzung des Paktes hochverschuldete Euroländer zu einer zu starken und wachstumsdämpfenden Konsolidierung zwingen würde.
Unter anderem deshalb ist nach Ansicht des IW aber "eine begrenzte Reform des Paktes und vor allem der Schuldenabbauregel nötig". Zwar könne die 60-Prozent-Grenze für den öffentlichen Schuldenstand bestehen bleiben. Die vorgegebene Anpassungszeit von 20 Jahren sollte für hochverschuldete Länder aber flexibler gehandhabt werden können, wenn sie angemessener konsolidierten. Außerdem sollte es keine Ausnahmen für staatliche grüne Investitionen geben, denn das würde nach der Befürchtung der arbeitgebernahen Ökonomen "Tür und Tor für eine kreative Buchführung und neue nicht immer produktive Schulden öffnen".
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May 23, 2022 07:49 ET (11:49 GMT)
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