DJ EZB-Chefvolkswirt Lane begrüßt neue Zins-Guidance
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Philip Lane, hat die von EZB-Präsidentin Christine Lagarde ausgegebene Zins-Guidance begrüßt und sich gegen eine Zinserhöhung von 50 Basispunkten im Juli ausgesprochen. "Der Fahrplan sieht die Beendigung der quantitativen Lockerung zu Beginn des dritten Quartals und dann zwei Zinserhöhungen im Juli und September vor, so dass wir am Ende des dritten Quartals die negativen Zinsen hinter uns gelassen haben", sagte Lane der Zeitung Cinco Dias. Zwar gebe es auch noch Treffen im Juni, Juli und September, doch sei es angesichts der hohen Unsicherheit wichtig gewesen, die Erwartungen zu steuern.
Der EZB-Chefvolkswirt bekräftigte, dass die EZB zunächst eine Normalisierung ihrer Geldpolitik im Sinn habe, keine Straffung. "Eine Normalisierung legt natürlicherweise Schritte von 25 Basispunkten nahe, so dass Erhöhungen um 25 Basispunkte bei den Sitzungen im Juli und September die Benchmark sind", sagte Lane. Zwar dürfte es wohl Diskussionen über stärkere Schritte nach denen im Juli und September geben, doch schätze man die Lage derzeit so ein, dass angesichts einer mittelfristigen Inflation im Einklang mit den Zielwert von 2 Prozent eine "graduelle" Normalisierung angemessen sei.
Lane zufolge gibt es im EZB-Rat derzeit zwei Gruppen. Die eine betrachtet die sehr hohe Inflation als reines Angebotsphänomen, während die anderen auch einen großen Beitrag der Binnennachfrage sehen. Aus Sicht beider Gruppen sei der von Lagarde ausgegebene Zinskurs angemessen.
Der Ire wollte sich nicht auf eine Aussage festlegen, wo der sogenannte neutrale Gleichgewichtszins des Euroraums derzeit liegt. "Ich verstehe, dass die Investoren vorhersagen wollen, wo der neutrale Zinssatz liegen wird, aber wir als Zentralbank konzentrieren uns darauf, die Zinsen zu bewegen und gleichzeitig die Inflationsdynamik zu beobachten", sagte er.
Auch bezüglich eines sogenannten "Anti-Fragmentierungsprogramms" blieb der EZB-Chefvolkswirt vage. "Wir beobachten das Fragmentierungsrisiko fortlaufend und werden ihm im Rahmen unseres Mandats begegnen", sagte er lediglich. Fragmentierung meint, dass die Renditedifferenzen der Euroraum-Staatsanleihen weiter auseinanderlaufen, als dies aufgrund der grundlegenden Gegebenheiten angemessen wäre.
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May 30, 2022 05:28 ET (09:28 GMT)
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