DJ Lindner: Energiesteuersenkung kommt mit Verzögerung an Zapfsäule an
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat Hoffnungen auf einen schlagartigen Rückgang der Spritpreise mit der Senkung der Energiesteuer am 1. Juni gedämpft. "Es wird einen Moment dauern, bis die gesenkte Energiesteuer an der Zapfsäule ankommt", sagte Lindner bei einer Pressekonferenz in Berlin. Die Besteuerung erfolge "immer ab dem so genannten Steuerlager" und nicht bei den Tankstellen. Die Reserven bei den Tankstellen unterlägen auch nach dem 1. Juni noch dem alten Steuersatz und das, was dann hinzukomme, dem neuen. "Insofern gibt es einen zeitlichen Verzug, der ist technisch begründet", machte der Finanzminister klar.
Danach müsse aber geprüft werden, ob diese Steuersenkung wirklich weitergegeben werde, "oder gibt es hier Marktmacht, die ausgenutzt wird". Das sei eine Aufgabe von Wirtschaftsministerium, Kartellamt und Markttransparenzstelle. Ein Beschluss der Koalition, Kartellamt und Transparenzstelle in diesem Zusammenhang zu stärken, müsse nun umgesetzt werden, forderte Lindner. Die Sprecherin des Finanzministeriums betonte bei einer anderen Pressekonferenz, es bestehe "die Erwartung, dass die Steuersenkung vollständig an die Endverbraucherinnen und Endverbraucher weitergegeben wird". Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums sagte, das Kartellamt beobachte die Vorgänge.
Aus dem Finanzministerium war zuvor bereits betont worden, der Spritpreis werde nicht auf einen Schlag sinken. "Wir haben durch das System der Besteuerung keinen Augenblick, in dem der Preis kippt, also absinkt", so eine hochrangige Person aus dem Ministerium. "In einem fließenden Verfahren wird er nach und nach abnehmen und nach und nach auch wieder hochgehen." Da sich der Zeitpunkt der Steuerentstehung und der Abgabe an die Endverbraucher unterscheide, könne sich die Steuersenkung erst verzögert in den Verbrauchspreisen widerspiegeln, hieß es zudem in einem Papier des Finanzministeriums, in das Dow Jones Newswires Einblick hatte.
Die Steuerlast der an den Tankstellen abgegebenen Kraftstoffe werde "erst sukzessive geringer, bis die im Mai 2022 bezogenen Kraftstoffe abverkauft sind". Der Energiesteuersatz soll sich laut dem entsprechenden Gesetzesbeschluss ab Juni für drei Monate für Benzin um 30 Cent auf 35,9 Cent/Liter und für Diesel um 14 Cent auf 33 Cent/Liter ermäßigen. Mit der Steuersenkung auf das europäische Mindestmaß sollen die Verbraucher wegen der hohen Energiepreise entlastet werden.
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May 30, 2022 09:05 ET (13:05 GMT)
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