DJ Kreditwirtschaft kritisiert Entwurf zur Umsetzung von Basel 3
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Die deutsche Kreditwirtschaft hat mit deutlicher Kritik auf den vom Berichterstatter des Europaparlaments vorgelegten Berichtsentwurf zur Umsetzung der Eigenkapitalrichtlinien Basel 3 in der EU reagiert. Mit den darin enthaltenen Vorschlägen weiche der spanische Abgeordnete Jonas Fernandez deutlich von der vorgezeichneten Linie der EU-Kommission zu dem Bankenpaket ab.
"Die Umsetzung der Vorschläge würde vor allem die von der Kommission vorgeschlagenen Übergangsregelungen deutlich einschränken. Damit würde die europäische Wirtschaft zu einem Zeitpunkt großer Unsicherheit und hohen Investitionsbedarfs zusätzlich belastet", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken, Christian Ossig.
Nachteile für Mittelstand
Der Bankenverband hat derzeit die Federführung bei dem Dachverband Deutsche Kreditwirtschaft (DK). Die Übergangsregeln hätten eine zeitlich begrenzte Reduzierung des Risikogewichtes für bestimmte Kredite vorgesehen, betonte Ossig. Dies gelte vor allem hinsichtlich der Regelung für bonitätsstarke Unternehmen ohne externe Ratings, die nach den Vorstellungen des Berichterstatters auf Unternehmen mit weniger als 500 Millionen Euro Umsatz begrenzt werden solle. Hierdurch würden zahlreiche Unternehmen des Mittelstands ausgeschlossen, warnte Ossig.
Auch die Anregung, die Übergangsregelung für Wohnimmobilienfinanzierungen und die Anwendung des Infrastruktur-Unterstützungsfaktors an Nachhaltigkeitskriterien zu knüpfen, reduzierten aus Sicht der DK die beabsichtigten Wirkungen erheblich. Um die negativen Auswirkungen von Basel 3 auf den Wohnimmobilienmarkt abzufedern, solle die Übergangsregelung vielmehr auf sämtliche Kredite angewendet werden. Mit Bedauern müsse die Kreditwirtschaft zudem feststellen, dass das Thema Proportionalität nicht aufgegriffen worden sei.
Regulierung soll Belange der Wirtschaft aufgreifen
Das geschäftsführende Vorstandsmitglied des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Karl-Peter Schackmann-Fallis, bezeichnete den Berichtsentwurf als "verpasste Chance". Die Stärke Europas sei, dass die Bankenstruktur der Wirtschaftsstruktur folge. Hierzu gehöre auch eine Bankenregulierung, die diesen Belangen angemessen Rechnung trage. "Wir hätten uns gewünscht, dass das EU-Parlament seine Chance nutzt, die Vorschläge der Kommission in diese Richtung zu verändern", sagte Schackmann-Fallis.
In seiner endgültigen Positionierung müsse das Parlament für mehr Proportionalität in der Bankenregulierung eintreten. Außerdem gelte es, höhere Kapitalanforderungen etwa im Bereich der strategischen Beteiligungen und der Immobilienfinanzierungen zu verhindern.
Wünsche der deutschen Genossenschaftsbanken zu wenig berücksichtigt
Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) kritisierte, in dem Berichtsentwurf werde den Anliegen der deutschen Genossenschaftsbanken nicht ausreichend entsprochen. "Leider wurde die Chance nicht genutzt, die Gegebenheiten des europäischen Bankenmarktes besser zu berücksichtigen", sagte Vorstandsmitglied Daniel Quinten.
Gerade für kleinere verbundstrukturierte Institute wie die Genossenschaftsbanken seien die Regelungen äußerst problematisch. "Völlig unverständlich" sei für den BVR das Fehlen jeglicher Vorschläge für administrative regulatorische Erleichterungen für kleine und mittelgroße Banken, betonte Quinten.
Der BVR erwartete aufgrund des Berichtsentwurfes langwierige Verhandlungen in Brüssel. Die EU-Kommission hatte am 27. Oktober 2021 mit dem Bankenpaket ihre Vorstellungen zur Umsetzung der finalen Umsetzung des Baseler Rahmenwerks für Bankenaufsicht in europäisches Recht gemacht. Sie befinden sich nun im Gesetzgebungsprozess im Europaparlament und dem Rat der Mitgliedsstaaten.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
DJG/ank/smh
(END) Dow Jones Newswires
June 01, 2022 10:11 ET (14:11 GMT)
Copyright (c) 2022 Dow Jones & Company, Inc.