DJ Bundesbank: Deutsche Wirtschaft wächst im zweiten Quartal leicht
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die deutsche Wirtschaft wird nach Einschätzung der Bundesbank im zweiten Quartal vor allem dank eines robusten privaten Konsums leicht wachsen. Die Aufhebung der Anti-Corona-Maßnahmen dürfte die Aktivität im Dienstleistungssektor so gestützt haben, dass dies per Saldo die Probleme von verarbeitendem Sektor und Bau mehr als ausgeglichen haben sollte, wie die Bundesbank in ihrem aktuellen Monatsbericht schreibt. Zugleich erwartet sie für 2022 rund 7 Prozent Inflation.
"Da die Corona-Schutzmaßnahmen breitflächig und weitgehend entfallen sind, stehen viele zuvor beschränkte Konsummöglichkeiten wieder offen und werden wohl auch genutzt", heißt es in dem Bericht. So habe sich beispielsweise die Lagebeurteilung der Unternehmen im Gastgewerbe gemäß Umfragen des Ifo-Instituts stark aufgehellt. Auch habe das bis Mitte Mai verfügbare Passantenaufkommen erheblich über dem Winterquartal gelegen. "Allerdings dürften die hohe Inflation, die damit verbundenen Kaufkraftverluste und die gestiegene Unsicherheit bezüglich des Krieges gegen die Ukraine die Erholung des privaten Konsums erheblich bremsen", heißt es weiter.
Für das verarbeitende Gewerbe gibt die Bundesbank keine explizite Schätzung ab. Sie verweist nur darauf, dass der Mangel an Vorprodukten und Rohstoffen angehalten habe und dass die Unternehmen ihre Produktionspläne zurückgeschraubt hätten. Für den Bau erwartet die Bundesbank jedoch einen Rückgang und ebenso für die Exporte.
"Im zweiten Quartal 2022 dürfte die deutsche Wirtschaftsleistung aus heutiger Sicht allenfalls leicht zulegen", fasst die Bundesbank ihre Erwartungen zusammen. Im ersten Quartal war das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,2 Prozent gestiegen. Wegen der starken Teuerung auf den vorgelagerten Stufen rechnet die Bundesbank für 2022 mit einem Anstieg der Verbraucherpreise um 7 Prozent. "Die Unsicherheit hinsichtlich des Preisausblicks ist gegenwärtig allerdings besonders hoch", merkt sie an.
Hinsichtlich möglicher Zweitrundeneffekte über den Arbeitsmarkt äußert sie sich vorsichtig: "In den anstehenden Lohnverhandlungen könnten einerseits die Unsicherheit über die weitere wirtschaftliche Entwicklung und die Sorge um mögliche Arbeitsplatzverluste die Lohnsteigerungen etwas dämpfen. Andererseits dürften die anhaltend hohen Inflationsraten und die zunehmenden Arbeitsmarktknappheiten zu spürbar kräftigeren Lohnabschlüssen als in der jüngeren Vergangenheit beitragen", schreibt sie.
Dabei sei aber zu beachten, dass die gestiegenen Preise für die weitgehend importierten fossilen Energieträger den Verteilungsspielraum im Inland minderten.
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June 20, 2022 06:00 ET (10:00 GMT)
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