DJ EZB/Elderson: Banken machen Fortschritte bei C&E - aber nicht genug
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Banken des Euroraums haben nach den Worten von EZB-Direktor Frank Elderson deutliche Fortschritte bei der Berücksichtigung von Klima- und Umweltrisiken (C&E-Risiken) gemacht. Elderson wies im Vorfeld der Veröffentlichung der Klimastresstestergebnisse in der nächsten Woche aber auch darauf hin, dass einige Banken noch nicht genug getan hätten und es Ungereimtheiten beim Umgang mit C&E-Risiken gebe. Der EZB-Direktor äußerte sich sowohl zu dem Klimastresstest als auch zu Erkenntnissen, die die Europäische Zentralbank (EZB) im Rahmen einer breiteren Prüfung dieses Themas (Thematic Review) gewonnen hat.
1. Klimastresstest
Die Institute können bei dem Test nicht "durchfallen", er soll aber zeigen, wie widerstandsfähig sie gegenüber finanziellen und wirtschaftlichen Schocks sind, die sich aus dem Klimawandel ergeben können. Es werden drei Szenarien durchgespielt: der geordnete Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft, ein ungeordneter (zu später) Übergang und das sogenannte "Hot-House"-Szenario.
"Wir testen die Fähigkeiten der Banken, die Folgen von klimabedingtem und umweltbedingtem Stress sowohl quantitativ als auch qualitativ zu analysieren, zu bewerten und darauf zu reagieren", sagte Elderson laut veröffentlichtem Text bei einer Konferenz in Frankfurt. Dabei gehe es nicht alleine um einen Stresstest im engeren Sinne, dessen Ergebnisse sich in Zahlen ausdrücken ließen. "In diesem Stadium ist die Tatsache, dass die Banken den Nachweis erbringen, dass sie in der Lage sind, Klimastresstests durchzuführen, genauso wichtig wie die Ergebnisse des Tests", sagte Elderson.
Die EZB veröffentlicht die Ergebnisse des Klimastresstest am 8. Juli.
2. Thematic Review
Die Gespräche mit den Banken haben Elderson zufolge ein durchwachsenes Ergebnis gebracht. Eine gute Nachricht sei, dass immer mehr Institute Maßnahmen ergriffen, um sich stärker an den Erwartungen der EZB zu orientieren, wobei es die größten Fortschritte bei den Fachkenntnissen ihrer Führung und bei den Führungsstrukturen gebe. "Die schlechte Nachricht ist, dass in allen Schwerpunktbereichen nach wie vor deutliche Lücken bestehen und die einzelnen Banken nicht in allen Bereichen Fortschritte machen", sagte er.
Als eine "Ungereimtheit" bezeichnet der EZB-Direktor den Fakt, dass die Strategien der Banken deutlich mehr Risiken berücksichtigten, die sich aus dem Übergang zu einer kohlenstoffärmeren Wirtschaft ergäben (Übergangsrisiken), als "physische" Risiken, die aus dem Klimawandel selbst resultierten.
Laut Elderson gibt es Banken, die noch nicht bewertet haben, wie stark sie von den beiden Risiken betroffen sind. "Darüber hinaus stellen wir fest, dass die Banken nicht in vollem Umfang berücksichtigen, wie sich die mangelnde Ausrichtung ihrer Kunden auf das Pariser Abkommen auf ihre eigenen Risiken auswirkt", merkte er an. Die EZB arbeitet nach seinen Worten gerade an neuen Aufsichtsinstrumenten, die ihr einen besseren Einblick geben sollen, wie gut die Banken das Übergangsrisiko ihrer Firmenkunden erkennen und darauf reagieren.
"Nachdem ich nun zwei Jahre lang die Aktionspläne der Banken und die Fortschritte in ihrer Praxis bewertet habe, halte ich es für realistisch, dass die Banken bis spätestens Ende 2024 alle unsere Erwartungen vollständig erfüllen können", sagte Elderson. Gleichzeitig habe die EZB ein offenes Ohr für Banken, die meinten, dass dies im Einzelfall nicht möglich sei.
"Das Fehlen einer gründlichen und vollständigen Bewertung der C&E-Risiken und ihrer Wesentlichkeit bei einigen Banken kann kein Grund für mangelnde Fortschritte sein und sollte umgehend behoben werden", sagte der EZB-Direktor aber auch.
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June 22, 2022 05:06 ET (09:06 GMT)
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