DJ ÜBERBLICK am Mittag/Konjunktur, Zentralbanken, Politik
Die wichtigsten Ereignisse und Meldungen zu Konjunktur, Zentralbanken, Politik aus dem Programm von Dow Jones Newswires
Ifo-Geschäftsklima sinkt im Juni wie erwartet leicht
Das Geschäftsklima in Deutschland hat sich im Juni wie erwartet leicht eingetrübt. Der Ifo-Geschäftsklimaindex sank auf 92,3 (Mai: 93,0) Punkte. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte hatten einen Rückgang auf 92,5 Punkte prognostiziert. Der Index der Lagebeurteilung verringerte sich auf 99,3 (revidiert 99,6) Punkte. Erwartet worden waren 99,0 Punkte, der vorläufige Mai-Wert betrug 99,5. Der Index der Geschäftserwartungen ging auf 85,8 (86,9) Punkte zurück. Die Prognose lag bei 86,5 Punkten. "Steigende Energiepreise und die drohende Gasknappheit bereitet der deutschen Wirtschaft große Sorgen", kommentierten die Konjunkturforscher die Daten.
Lampe: Ifo preist keinen Gas-Lieferstopp ein
Der nur leichte Rückgang des Ifo-Geschäftsklimaindex im Juni ist nach Einschätzung von Alexander Krüger, Chefvolkswirt von Hauck Aufhäuser Lampe, auch darauf zurückzuführen, dass eine Menge potenziell belastender Faktoren noch nicht eingepreist ist. "Die ganze Thematik mit den Gaslieferungen ist erst nach der Befragung reingekommen", sagt Krüger. Vorstufe eines tatsächlichen Lieferstopps könnten Verteilungskämpfe und zusätzliche "Preisprobleme" sein, die den Konsum belasten würden.
Commerzbank: Gasstopp und US-Rezession größte BIP-Risiken
Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer hält einen mögliche Stopp der russischen Gaslieferungen sowie eine US-Rezession für die größten Risiken für die deutsche Wirtschaft. "Nach der jüngsten Reduktion russischer Gaslieferungen ist ein kompletter Stopp der Lieferungen nicht auszuschließen. In diesem Falle würde Gas für viele industrielle Großverbraucher rationiert", schreibt Krämer in einem Kommentar zum Rückgang des Ifo-Geschäftsklimaindex.
VP Bank: Inflation wird zum Wachstumsproblem
Im Rückgang des Ifo-Index im Juni spiegelt sich nach Aussage von Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der liechtensteinischen VP Bank, die Tatsache, dass sich die Inflation vom Schreckgespenst zur "handfesten wirtschaftlichen Bedrohung" entwickelt hat. "Die Verbraucher könnten nach den derzeit laufenden Nachholeffekten im Spätsommer und in den Herbstmonaten in den Sparmodus wechseln", warnt Gitzel in einem Kommentar.
Union Investment: Inflation und Unsicherheit belasten Ifo
Jörg Zeuner, Chefvolkswirt von Union Investment, findet den Rückgang des Ifo-Geschäftsklimaindex "nachvollziehbar". "Noch profitieren Industrie und vor allem der Dienstleistungssektor von einer starken Nachfrage und dem gesunden Arbeitsmarkt. Doch dieser Schub verliert an Kraft, je länger die Inflation hoch bleibt und je mehr die Nachfrage etwa im Gast- und im Tourismusgewerbe gestillt wird", schreibt er in einem Kommentar.
SG: Markt wird Spreads von Eurozone-Anleihen testen
Die jüngste verbale Intervention der Europäischen Zentralbank (EZB) in Bezug auf ein Antifragmentierungsinstrument hat zu einer massiven Verengung der Spreads von Peripherieanleihen der Eurozone geführt. "Aber wir sind alles andere als überzeugt und erwarten, dass die Spreads irgendwann auf die Probe gestellt werden", so die Zinsstrategen der Societe Generale (SG) in einer Researchnote.
ZDB: Baukonjunktur verliert an Schwung
Der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB), Felix Pakleppa, hat nach den jüngsten Statistikzahlen einen nachlassenden Schwung für die Baukonjunktur festgestellt. "Nachdem wir im März beim Orderzugang noch einmal deutlich hinzugewonnen haben, fallen die Zugänge im April real nur noch knapp auf das Vorjahresniveau", sagte Pakleppa. Steigende Finanzierungskosten und Baukosten infolge der Preisanstiege bei Baumaterial drückten zusehends auf die Order.
Preise für Wohnimmobilien im ersten Quartel um 12,0 Prozent gestiegen
Die Preise für Wohnimmobilien sind auch im ersten Quartal im Jahresvergleich wieder deutlich gestiegen - die Dynamik schwächt sich aber ab. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilte, lag der Anstieg verglichen mit dem Vorjahresquartal bei 12,0 Prozent und damit zum vierten Mal in Folge bei über 10 Prozent. Verglichen mit dem Vorquartal wurden Wohnungen und Häuser um 0,8 Prozent teurer.
Scholz: Anstrengung für Gasbezug aus anderen Ländern beschleunigen
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat angesichts eines möglicherweise drohenden Lieferstopps für russisches Gas dazu aufgerufen, schneller die Voraussetzungen für einen Gasbezug aus anderen Ländern zu schaffen. "Wir sind alle gemeinsam sehr, sehr sorgfältig vorbereitet auf die schwierige Herausforderung, die sich mit den Importen von fossilen Ressourcen aus Russland verbinden", sagte Scholz vor Beratungen beim EU-Gipfel in Brüssel auf die Frage, was Europa tun könne, wenn der russische Präsident Wladimir Putin den Gashahn abdrehe.
Netzagentur-Chef sieht drastische Preiserhöhungen bei Gas
Nach Ausrufung der Alarmstufe im Notfallplan Gas hat der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, vor drastischen Preiserhöhungen gewarnt. "Schon jetzt werden die Gaspreissteigerungen des letzten Herbstes weitergegeben", sagte Müller im ARD-Morgenmagazin. "Das ist knapp plus 30, plus 50, teilweise plus 80 Prozent." Seitdem habe sich der Gaspreis inzwischen sogar versechsfacht. Das seien riesige Preissprünge, die aber nicht alle eins zu eins an die Verbraucher weitergegeben würden. "Aber Verdoppeln bis Verdreifachen kann je nach Gebäudehülle durchaus drin sein", warnte er. Die Netzagentur habe Szenarien berechnet.
Lindner will Industrie bei Stromkosten entlasten
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) will die energieintensive Industrie auch in den kommenden beiden Jahren um mehrere Milliarden Euro entlasten. Lindner habe erklärt, dass es sein Ziel sei, den sogenannten Spitzenausgleich "noch einmal für zwei Jahre für die Jahre 2023 und 2024 zu verlängern", sagte Finanzministeriumssprecherin Nadine Kalwey bei einer Pressekonferenz in Berlin. Dies sei bereits angekündigt gewesen "und auch im Haushalt bereits eingeplant", betonte sie.
Baerbock: Mehr Geld gegen Hunger zur Verhinderung eines "Tsunami" nötig
Vor Beginn der Welternährungskonferenz in Berlin hat die Bundesregierung von der Weltgemeinschaft mehr Geld im Kampf gegen den Hunger gefordert. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warnte, dass in diesem Jahr 44 Milliarden Euro im Kampf gegen eine globale Hungerkrise nötig seien. Bislang sei aber lediglich die Hälfte davon finanziert. Es gelte, den sich aufbauenden "Tsunami" in den Griff zu bekommen. Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sagte zu, dass Deutschland in diesem Jahr rund 4 Milliarden Euro für die Bekämpfung des Hungers weltweit einsetzen werde.
Bundesarbeitsminister Heil warnt vor Stagflation
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) warnt vor den Gefahren einer Stagflation in Deutschland, äußert aber gleichzeitig Zweifel an einer scharfen Zinswende nach amerikanischem Vorbild. "Wir sollten alles unterlassen, uns selbst in eine noch schwierigere Situation zu bringen - etwa in eine Stagflation. Also eine gefährliche Mischung aus Rezession und noch höheren Preisen", sagte Heil im Interview mit der Wirtschaftswoche. Üblicherweise äußern sich Politiker nur äußerst selten zur Geldpolitik der Zentralbanken.
Kreml: EU-Kandidatenstatus für Ukraine und Moldau "innere Angelegenheit Europas"
Der Kreml hat die Verleihung des EU-Kandidatenstatus an die Ukraine und Moldau als "innere Angelegenheit" Europas bezeichnet. "Das sind innere europäische Angelegenheiten", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow vor Journalisten in Moskau. Für Russland sei es "sehr wichtig, dass uns all diese Prozesse nicht weitere Probleme bereiten und weitere Probleme in den Beziehungen zwischen diesen Ländern und uns schaffen".
Rückzug der ukrainischen Truppen aus Sjewjerodonezk angeordnet
Nach wochenlangem erbittertem Widerstand gegen die russischen Angreifer muss sich die ukrainische Armee aus der strategisch wichtigen Stadt Sjewjerodonezk im Osten des Landes zurückziehen. Der Rückzug der ukrainischen Truppen sei angeordnet worden, teilte der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Hajdaj, im Onlinedienst Telegram mit. Die russischen Einheiten hatten die Stadt zuletzt schon fast vollständig eingenommen. Die Stadt liege praktisch "in Trümmern" wegen der Dauerbombardierungen durch die russischen Truppen, erklärte der Gouverneur.
Behörden: Russischer Vertreter bei Attentat in Cherson getötet
Im von der russischen Armee besetzten Cherson in der Südukraine ist ein Behördenvertreter nach russischen Angaben bei einem Attentat getötet worden. "Das war ein gezielter Angriff", gaben die Behörden nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen bekannt. "Ein Sprengkörper war in seinem Auto angebracht." Das Opfer sei für Sport und Jugend in der Verwaltung für die Region Cherson zuständig gewesen. Derartige Anschläge auf Vertreter Russlands häufen sich in den von der russischen Armee kontrollierten Gebieten in der Ukraine.
DJG/DJN/AFP/apo
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June 24, 2022 07:30 ET (11:30 GMT)
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