Mercedes-Benz definiert die Rolle des Werkes in Rastatt und Kecskemét neu: Ab 2024 sollen dort E-Autos auf Basis der Elektroplattform (MMA) vom Band laufen.
Mercedes-Benz hat sich mit Arbeitnehmervertretern auf einen Plan zur Umstellung auf Elektroautos geeinigt. Der Autohersteller teilte am Mittwoch nach wochenlangen Verhandlungen mit, dass das Werk im badischen Rastatt ein Kompetenzzentrum für Kompaktfahrzeuge bleiben werde. Dort werden bisher unter anderem die A- und B-Klasse produziert.
Ab 2024 sollen in den Fabriken in Rastatt und im ungarischen Kecskemét neue Modelle auf Basis der neuen Elektroplattform (MMA) vom Band laufen. Zur Zukunft der A- und B-Klasse äußerte sich der Autohersteller nicht explizit. Es sei zu früh, sich auf einzelne Modelle festzulegen. Spekulationen über ein Auslaufen der A- und B-Klasse hatten bei Arbeitnehmern Befürchtungen ausgelöst. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr von den beiden Modellen rund 323.000 Wagen gebaut.
Bis 2026 sollen über zwei Milliarden Euro in europäische Fabriken investiert werden. Gesamtbetriebsratschef Ergun Lümali sagte: "Mit den Investitionen in die neue Produktionsordnung haben wir erreicht, dass Fahrzeuge der neuen Elektro-Architektur an den deutschen Standorten gefertigt werden und damit zur Auslastung beitragen."
Mercedes setzte zuletzt hauptsächlich auf teure und schwere Luxusautos. Im vergangenen Jahr startete die Produktion der vollelektrischen Luxuslimousine EQS im Werk Sindelfingen. Dort werden die S-Klasse, die Mercedes-Maybach S-Klasse und der EQS produziert.
Jörg Burzer, Mitglied des Vorstands der Mercedes-Benz Group AG, meint: "Nach den erfolgreichen Anläufen der Mercedes-EQ Modelle in den letzten Monaten gehen wir jetzt den nächsten Schritt: Wir stellen die Weichen für die künftige Ausrichtung unseres Produktionsportfolios. Gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern setzen wir die Mercedes-Benz Strategie hin zu 'electric only' konsequent um. Das globale Mercedes-Benz Produktionsnetzwerk ist dafür nachhaltig, digital und flexibel aufgestellt."
Der Aktienkurs von Mercedes-Benz liegt im Xetra-Handel bei 55,46 Euro, ein Minus von 3,72 Prozent (Stand 30.06.2022, 11:15 Uhr). Innerhalb von fünf Tagen verlor die Aktie 7,72 Prozent.
Das Interesse für Elektroautos steigt
Was ebenfalls gute Aussichten für Mercedes-Benz bedeuten könnte: Das Interesse an Elektroautos ist in Deutschland sprunghaft gestiegen. In der internationalen Studie Mobility Consumer Index 2022 des Wirtschaftsprüfers EY hätten 35 Prozent der Deutschen Interesse daran, sich ein elektrifiziertes Fahrzeug zu kaufen. Vor zwei Jahren waren es gerade einmal sieben Prozent gewesen.
Vor allem Kunden aus China seien elektrifizierten Autos gegenüber sehr aufgeschlossen. Jeder Zweite plane ein rein elektrisches Auto oder einen Plug-In-Hybrid zu kaufen.
Der Leiter für Mobility bei EY Constantin Gall meint: "Immer strengere Abgasnormen und Klimaschutzziele führen ebenfalls dazu, dass die Automobilität auch in Europa mittel- und langfristig immer stärker elektrifiziert werden muss. Die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern, die uns gerade schmerzlich vor Augen geführt wird, spielt hierbei ebenfalls eine Rolle - und den elektrischen Antrieben in die Karten. Die Hersteller arbeiten daher stetig und erfolgreich daran, noch alltagstauglichere Alternativen zu Benzin und Diesel zu liefern."
Allerdings müsse man weiter Überzeugungsarbeit leisten: Die Ansprüche an Elektroautos sind hoch. Die befragten Verbraucher in Deutschland halten Stromer mit einer Reichweite von durchschnittlich 350 Kilometern für akzeptabel. In Frankreich wollen die Kunden 378 Kilometern pro Ladung weit kommen.
Autorin: Laura Ehrhardt, wallstreet:online Zentralredaktion
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