DJ Habeck: Deutschland vor Zerreißprobe - Rundfunk
KÖLN (Dow Jones)--Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat die mögliche staatliche Zuweisung von Gas im akuten Mangel- und Krisenfall als "ultima ratio" und als "politisches Albtraum-Szenario" bezeichnet. Er mache sich "keine Illusion", was dann an Debatten passieren werde, sagte der Grünen-Politiker im Interview der Woche im Deutschlandfunk. "Das wird Deutschland vor eine Zerreißprobe stellen, die wir lange so nicht hatten." Deshalb müsse man ein solches Szenario etwa durch das Einsparen, Einspeichern und Auktionieren von Gas verhindern, so Habeck, da es die "gesellschaftliche Solidarität bis an die Grenze und wahrscheinlich darüber hinaus" strapazieren werde.
Der Minister bestätigte auf Nachfrage erneut, dass laut europäischer Rechtsnorm in den privaten Gasverbrauch sowie die kritische Infrastruktur wie Krankenhäuser und Altenheime "als Allerletztes" eingegriffen wird.
Bereitschaft zu Staatshile für Uniper
Ähnlich wie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) signalisierte Habeck die Bereitschaft zu Staatshilfen für den Gasimporteur Uniper mit Hauptsitz in Düsseldorf. Zur Debatte steht laut Medienberichten ein Einstieg des Staates bei der Tochter des finnischen Energiekonzerns Fortum.
"Wir können nicht sagen, nur weil was jemandem anders gehört, halten wir uns da komplett raus. Ich habe eine Verantwortung für die Energiesicherheit in Deutschland, und der muss man sich stellen", sagte Habeck. Er befürwortete aber, sich Modelle zu überlegen, wo die Eigentümer ebenfalls in der Pflicht seien. "Das Hilfegesuch von Uniper war überhaupt nicht überraschend. Wir sind mit allen Versorgungsunternehmen in intensiven Gesprächen", so der Minister.
Die Preisanpassungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher würden "hart werden und für einige Menschen auch zu hart", sagte Habeck - und dies unabhängig von der Frage, ob die Möglichkeiten des novellierten Energiesicherungsgesetzes genutzt würden, steigende Preise etwa per Umlage an alle Kunden weiterzugeben. "Also ich will da keinen Hehl daraus machen. Ich glaube, ohne weitere politische Flankierung zerreißen wir oder sagen wir, wird die Spaltung, die soziale Spaltung, dort zu stark befördert."
Hohe Preise sozialpolitisch auffangen
Im Rahmen der konzertierten Aktion werde man über konkrete Maßnahmen sprechen, sagte der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz. Er rief alle Beteiligten auf, an "guten Ideen" zu arbeiten. "Kluge Gedanken" sollten nicht auf dem "Marktplatz der politischen Eitelkeiten" scheitern, appellierte Habeck. Die Preise würden weitergegeben - und man müsse dies "sozialpolitisch auffangen".
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July 10, 2022 02:15 ET (06:15 GMT)
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