DJ ÜBERBLICK am Mittag/Konjunktur, Zentralbanken, Politik
Die wichtigsten Ereignisse und Meldungen zu Konjunktur, Zentralbanken, Politik aus dem Programm von Dow Jones Newswires
OECD-Frühindikator deutet weiter auf Abschwächung
Das Wachstum im OECD-Raum dürfte in den nächsten sechs bis neun Monaten weiter an Schwung verlieren. Darauf deutet der Frühindikator der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hin. Wie die OECD mitteilte, sank der Indikator im Juni um 0,18 Prozent auf 99,5 Punkte. Im Mai und April hatte der Index jeweils 0,19 Prozent eingebüßt. Im Vereinigten Königreich, in Kanada und im Euroraum insgesamt, einschließlich Deutschland, Frankreich und Italien, weisen die Indikatoren weiterhin eine nachlassende Wachstumsdynamik aus, die durch die hohe Inflation, das geringe Verbrauchervertrauen und die sinkenden Aktienkurse bedingt wird.
Stournaras: EZB braucht überzeugendes Kriseninstrument - TV
Die Europäische Zentralbank (EZB) braucht nach Aussage von EZB-Ratsmitglied Yannis Stournaras ein überzeugendes Instrument zur Begrenzung der Renditeabstände europäischer Staatsanleihen. "Ich glaube, dass viel Wahres an der Idee ist, dass wir ein Instrument vielleicht gar nicht einsetzen müssen, wenn wir die Märkte davon überzeugen können, dass es ein starkes Instrument ist", sagte Stournaras zu Bloomberg TV am Rande einer Konferenz in Aix en Provence.
Unicredit: EZB-Spread-Kontrolle braucht unbegrenzte Feuerkraft
Das von der Europäischen Zentralbank (EZB) geplante Instrument zur Kontrolle der Renditedifferenzen (Spreads) zwischen Euroraum-Staatsanleihen braucht nach Aussage von Unicredit-Ökonom Erik Nielsen "eine jederzeit verfügbare und unbegrenzte Feuerkraft", die aber nicht über einen längeren Zeitraum eingesetzt werden dürfte. "Das wäre Sache des OMT", schreibt Nielsen in einem Kommentar unter Verweis auf die Outright Monetary Transactions (OMT), die die EZB 2012 unter der Ägide ihres damaligen Präsidenten Mario Draghi beschlossen hatte.
MainSky: EZB muss trotz Rezession reagieren
Die hohen Energiepreise und Inflationsraten in Europa belasteten die Kaufkraft der Verbraucher und die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, aber die Europäische Zentralbank (EZB) habe keine andere Wahl, als auf die hohe Inflation mit einer Anhebung der Zinssätze zu reagieren und damit die monetären Bedingungen noch restriktiver zu gestalten, erklärt Eckhard Schulte, Vorsitzender von MainSky Asset Management in einem Kommentar.
Habeck: Europa lässt sich von Russland nicht spalten
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat angesichts der Energiekrise europäische Solidarität beschworen. "Europa lässt sich durch das russische Agieren nicht spalten. Im Gegenteil: Wir arbeiten mit noch mehr Entschlossenheit daran, unsere Abhängigkeit von russischen Energieträgern so schnell wie möglich zu überwinden", sagte Habeck vor den Treffen mit seinen Amtskollegen in Prag und Wien. Dort will er über die energiepolitischen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des russischen Angriffskrieges sowie die Klima-, Industrie- und Handelspolitik sprechen.
Gaspipeline Nord Stream 1 wegen Wartungsarbeiten abgeschaltet
Wegen regulärer Wartungsarbeiten ist am Montagmorgen die Pipeline Nord Stream 1 abgeschaltet worden. Das teilte eine Sprecherin der Nord Stream AG in der Schweiz mit. Laut Unternehmen werden mechanische Teile und automatische Systeme überprüft. Die Leitung liefert russisches Gas nach Deutschland. Die Bundesregierung rechnet mit rund zehntägigen Arbeiten. Zugleich äußerten die Bundesnetzagentur und auch das Wirtschaftsministerium zuletzt Bedenken, dass Russland danach den Gashahn nicht wieder aufdrehen könnte.
Netzagentur: Aktuell keine Notfallstufe Gas - Worst Case wäre sehr schlimm
Deutschland ist nach Ansicht des Chefs der Bundesnetzagentur trotz der aktuell angespannten Lage bei der Gasversorgung noch nicht der Notfallstufe. Gleichzeitig warnte er, dass es im schlimmsten Fall bei kompletter Einstellung russischer Gaslieferung für Deutschland "sehr, sehr schlimm" aussähe. Es könne keiner sagen, ob Russland nach Ende der nun begonnenen Wartungsarbeiten an der Gaspipeline Nord Stream 1 wieder über diesen Weg Gas nach Deutschland liefern werde, erklärte Netzagentur-Chef Klaus Müller im ZDF-Morgenmagazin.
VP Bank: 21. Juli wird entscheidender Tag
Das weitere Schicksal der deutschen Wirtschaft entscheidet sich am 21. Juli: Russland soll an diesem Tag nach den Wartungsarbeiten an den Pipelines North Stream 1 und Brotherhood wieder den Gashahn aufdrehen. "Soviel steht jedenfalls fest, der 21. Juli wird jegliches Notenbanktreffen in den Schatten stellen", meint Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. "Die Augen der Welt werden am 21. Juli auf den Pipeline-Knotenpunkt in Lubmin gerichtet sein. In Lubmin bei Greifswald endet die North-Stream-Pipeline. Dies wird auch für die Börsen ein spannender Tag werden."
Chemische Industrie befürchtet "Herzinfarkt der deutschen Wirtschaft"
Die chemische Industrie fürchtet eine tiefe Wirtschaftskrise, sollte ein vollständiges Embargo gegen russische Gaslieferungen verwirklicht werden. "Für den Fall eines vollständigen Gasembargos befürchte ich den Herzinfarkt der deutschen Wirtschaft, auch unserer Branche", sagte Christian Kullmann, Präsident des Verbands der chemischen Industrie (VCI) und Evonik-Chef, der Süddeutschen Zeitung. "Ohne Chemie steht dieses Land still, denn chemische Produkte werden für 90 Prozent aller Produktionsprozesse benötigt", sagte er weiter.
Kommunen warnen vor Pleiten bei Gasversorgern
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat vor den Folgen einer Verschärfung der Gaskrise gewarnt und Konsequenzen gefordert. "Es muss, auch aus Gründen der Versorgungssicherheit, verhindert werden, dass die Gasversorger aus finanziellen Gründen Pleite gehen", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg dem Handelsblatt. "Wenn die Beschaffungskosten für die Gasversorger weiter steigen, wird es notwendig werden, dass die Unternehmen diese gestiegenen Kosten zumindest in Teilen an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergeben." Landsberg forderte zugleich finanzielle Ausgleichsmaßnahmen für die Bürger, für die die stark steigenden Energiekosten bereits jetzt "eine schwere Belastung" seien.
CSU fordert Gaspreisdeckel für Privathaushalte
Die CSU schließt sich angesichts der drohenden Kostenexplosion der Gewerkschaftsforderung nach einem staatlichen Gaspreisdeckel für Privathaushalte an. "Was jetzt notwendig ist, ist ein Grundbedarfspreisdeckel beim Gas", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der Augsburger Allgemeinen. "Ohne eine solche Begrenzung wird es viele private Zahlungsunfähigkeiten geben, weil die Menschen ihre Abschlagszahlungen nicht mehr leisten können", warnte der CSU-Politiker. Zuvor hatten bereits der DGB und die IG Metall einen Gaspreisdeckel für den Privatbedarf gefordert.
FDP fordert Prüfung von Gasförderung in der Nordsee
Die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Carina Konrad hat die Prüfung von Gasförderungen in der Nordsee und an Land gefordert. "Langfristig gehört dazu, dass wir auch die deutsche Gasförderung in der Nordsee und an Land ins Auge fassen, um uns aus der fatalen russischen Abhängigkeit zu befreien", sagte Konrad dem Spiegel. Hintergrund von Konrads Forderungen sind mögliche Engpässe bei der Gasversorgung aufgrund von Wartungsarbeiten an der Gaspipeline Nord Stream 1 in Lubmin, die zuletzt zu Spannungen in der Ampel-Koalition geführt hatten.
Gazprom liefert weniger Gas nach Italien
Der russische Gasriese Gazprom hat seine Lieferungen nach Italien weiter reduziert. Die Menge sei um rund ein Drittel gefallen, teilte der italienische Energieversorger Eni mit. Italien erhält einen kleinen Teil des Erdgases aus Russland über die Pipeline Nord Stream 1, die am Montagmorgen wegen Wartungsarbeiten abgeschaltet wurde. Der größte Teil der russischen Lieferungen kommt aber über die Ukraine nach Italien. Eni erklärte, in den vergangenen Tagen seien im Schnitt 32 Millionen Kubikmeter Gas täglich von Gazprom geliefert worden. Am Montag ging die Menge auf 21 Millionen Kubikmeter zurück.
Gazprom kürzt auch Lieferungen an Österreich weiter
Der russische Gasriese Gazprom hat auch seine Lieferungen an Österreich weiter gekürzt. Der österreichische Energieversorger OMV teilte mit, Gazprom habe ihn darüber informiert, dass in Baumgarten nahe der slowakischen Grenze rund 70 Prozent weniger Gas ankomme als bestellt. Mitte Juni hatte Gazprom die Lieferung nach Österreich bereits um die Hälfte gesenkt.
DJG/DJN/AFP/apo
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July 11, 2022 07:30 ET (11:30 GMT)
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