DJ Bund will wegen Ukraine-Krieg Abwehr von Cyberattacken stärken
Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Die Bundesregierung will sich angesichts des Ukraine-Kriegs besser gegen Cyberattacken rüsten. Bundesinnenministerin Nancy Faeser will daher dem Bund eine führende Rolle bei der Cybersicherheit und den Sicherheitsbehörden neue Befugnisse für die Abwehr von Cyberangriffen geben. So soll etwa das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zu einer zentralen Stelle ausbaut werden, die die Arbeit von Bund und Ländern koordiniert. Es gelte eine effiziente und klare Aufgabenverteilung in der Cybersicherheitsarchitektur zu schaffen.
"Die Bedrohungslage im Cyberraum wächst jeden Tag. Die Zeitenwende, die wir angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine erleben, erfordert eine strategische Neuaufstellung und deutliche Investitionen in unsere Cybersicherheit", erklärte Faeser. Dabei seien Investitionen in Milliardenhöhe nötig.
Die Bundesregierung nehme die aktuelle Bedrohung sehr ernst. Deshalb habe man alle Schutzmaßnahmen seit Kriegsbeginn deutlich hochgefahren und im nationalen Cyber-Abwehrzentrum koordiniert. "Wir sehen ein stetiges Scannen von Sicherheitslücken, aber keine konkreten Angriffe Russlands hier in Deutschland. Aber wir waren mittelbar betroffen", sagte Faeser mit Blick auf den Angriff auf einen ukrainischen Satelliten, der Auswirkungen auf die Steuerung eines Windkraftparks in Norddeutschland hatte.
Die Bundesregierung werde daher eine Grundgesetzänderung vorschlagen, um das BSI zu einer Zentralstelle im Bund-Länder-Verhältnis auszubauen. Hier orientiere man sich am Vorbild von Bundeskriminalamt und Bundesamt für Verfassungsschutz.
Faeser erwartet, dass die Bundesländer dem Vorhaben zustimmen. Aktuell sind die Länder für die Cybersicherheit zuständig. Es reiche nicht aus, dass das BSI den Ländern lediglich Amtshilfe leisten könne. Bund und Länder müssten den Cyberangriffen koordiniert entgegentreten und ihre Fähigkeit permanent weiterentwickeln, so Faeser.
Cyber-Gegenangriffe sind nicht geplant
Geplant sind zudem neue Befugnisse zur Gefahrenabwehr für die Sicherheitsbehörden. Dabei geht es laut Bundesinnenministerium auch um Maßnahmen, die über eine bloße Aufklärung eines Angriffs hinausgehen. "Wir müssen auf IT-Infrastrukturen einwirken können, die für einen Angriff genutzt werden. So können die Sicherheitsbehörden schwerwiegende Cyberangriffe verhindern, stoppen oder zumindest abschwächen", so Faeser. Dabei gehe es nicht etwa um ein sogenanntes "Hackback", also aktive Cybergegenangriffe, sondern um die Abschaltung eines Servers, von dem Cyberangriffe ausgehen.
Zum besseren Schutz von Wirtschaft und Gesellschaft plant das Ministerium eine neue Kooperationsplattform beim BSI, die Informationen und Dienste zum Selbstschutz bündelt und für alle anbietet.
Weitere Maßnahmen sind die Stärkung der deutschen Cybersicherheitsforschung zur Erhöhung der Resilienz, der Ausbau sicherer Infrastrukturen sowie die Stärkung der Cyberfähigkeiten der Sicherheitsbehörden. Auch sollen Betreiber kritischer Infrastruktur, wie etwa Energieunternehmen oder Krankenhäuser, eng an das BSI-Lagezentrum angebunden werden.
Außerdem soll gegen Cyberkriminalität und strafbare Inhalten im Netz stärker vorgegangen werden. Cyberkriminalität sei in den letzten Jahren "im exorbitanten" Maße angestiegen, sodass die Bundesländer wegen der Flut an Daten mit der Auswertung überfordert seien.
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July 12, 2022 05:05 ET (09:05 GMT)
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