DJ Georgieva: IWF wird BIP-Prognosen senken - Rezessionsrisiko 2023
Von Hans Bentzien
FRANKFURT/WASHINGTON (Dow Jones)--Der Internationale Währungsfonds (IWF) wird seine Wachstumsprognosen nach Aussage von IWF-Chefin Kristalina Georgieva weiter senken und sieht für 2023 zunehmende Rezessionsrisiken. Georgieva schreibt in einem Blog anlässlich des Treffen der Finanzminister der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) am 15. und 16. Juli in Bali: "Jüngste Indikatoren deuten auf ein schwaches zweites Quartal hin, weshalb wir im Update unseres Weltwirtschaftsausblicks in diesen Monat die Prognosen für das Weltwirtschaftswachstum 2022 und 2023 weiter senken werden."
Georgieva erinnerte daran, dass der IWF seine Wachstumsprognosen für beide Jahre bereits im April auf je 3,6 Prozent reduziert und angesichts der Abwärtsrisiken davor gewarnt habe, dass es noch schlimmer werden könnte. "Die Inflation ist höher als erwartet und hat sich über die Lebensmittel- und Energiepreise hinaus ausgeweitet. Dies hat die wichtigsten Zentralbanken veranlasst, eine weitere Straffung der Geldpolitik anzukündigen - was zwar notwendig ist, aber den Aufschwung belasten wird", erläutert die IWF-Chefin.
Anhaltende pandemiebedingte Störungen - vor allem in China - und neue Engpässe in den globalen Lieferketten hätten die Wirtschaftstätigkeit beeinträchtigt. Der Ukraine-Krieg führe zu mehr menschlichem Leid und hohen Rohstoffpreisen, die das Wachstum belasteten und die Ernährung von hunderten Millionen armer Menschen gefährde: "Und das wird immer schlimmer", schreibt sie.
Erdgas-Stopp in Europa könnte weltweite Energiekrise auslösen
Weitere Unterbrechungen bei der Erdgasbelieferung Europas könnten viele Volkswirtschaften in eine Rezession stürzen und eine weltweite Energiekrise auslösen. "Es wird ein hartes Jahr 2022, und 2023 könnte noch härter werden - einschließlich eines erhöhtem Rezessionsrisikos", so die IWF-Chefin.
Gleichwohl sieht Georgieva die vordringliche Aufgabe der Politik darin, die Inflation zu senken. "Die meisten Zentralbanken werden ihre Geldpolitik weiter entschlossen straffen müssen", prognostiziert die IWF-Chefin. Je eher dies geschehe, desto weniger Probleme werde es verursachen. Die Schwellenländer forderte Georgieva auf, Kapitalverkehrskontrollen oder Devisenmarktinterventionen einzuführen, wenn sich der Schock durch die US-Geldpolitik nicht alleine über den Wechselkurs auffangen lasse.
Fiskalpolitik sollte Geldpolitik unterstützen
Zweitens fordert Georgieva eine fiskalpolitische Unterstützung der Zentralbanken. "Länder mit hoher Schuldenlast müssen ihre Fiskalpolitik straffen. Das wird die Belastung durch zunehmend teure Kredite reduzieren und der Geldpolitik bei der Inflationsbekämpfung helfen", rät sie. Wo schwache Haushalte weiter Unterstützung bräuchten, sollte diese über direkte Geldtransfers gegeben werden.
Als dritten Punkt führt die IWF-Chefin eine bessere globale Kooperation an, die von den G20 angeführt werden müsse. "Um weiteren Hunger, Unterernährung und Migration zu vermeiden, sollten die reicheren Länder der Welt die wohlhabenderen Länder der Welt dringend Unterstützung für die Bedürftigen bereitstellen, auch durch neue bilaterale und multilateralen Finanzierungen, insbesondere durch das Welternährungsprogramm", fordert sie.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
DJG/hab/apo
(END) Dow Jones Newswires
July 13, 2022 09:00 ET (13:00 GMT)
Copyright (c) 2022 Dow Jones & Company, Inc.