
DJ Ministerium: Deutsche Wirtschaft robust - Ausblick unsicher
Von Andreas Plecko
FRANKFURT (Dow Jones)--Das Bundeswirtschaftsministerium sieht die konjunkturelle Stimmung in Deutschland derzeit zweigeteilt. "Einerseits ist die tatsächliche Lage der Unternehmen gar nicht so schlecht, wie man im Angesicht des Kriegs in der Ukraine und den massiv gestiegenen Energiepreisen erwarten würde", erklärt das Ministerium in seinem Monatsbericht. "Andererseits gestaltet sich der Ausblick ins zweite Halbjahr relativ zurückhaltend: Die großen Unsicherheiten über eventuell ausbleibende Gaslieferungen aus Russland drücken die Stimmung."
Die deutsche Industrie habe sich im Mai ein Stück weit von dem externen Schock erholt, den sie durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine erhalten habe, urteilte das Ministerium. Die Produktion und die Auftragseingänge im verarbeitenden Gewerbe hätten sich stabilisiert. Die hohe Unsicherheit durch den Krieg und das Risiko eines weitgehenden Lieferstopps beim russischen Gas stellten viele Unternehmen aber vor große Herausforderungen.
Die Umsätze im Einzelhandel hätten sich im Mai gegenüber dem Vormonat wieder etwas erholt, nachdem sie im April deutlich zurückgegangen waren. Das Konsumklima habe aber vor dem Hintergrund kräftiger Preisniveausteigerungen im Einzelhandel seine Talfahrt wieder fortgesetzt.
Die Inflationsrate ging von Mai auf Juni um 0,3 Prozentpunkte auf 7,6 Prozent leicht zurück. "Die von der Bundesregierung ergriffenen Maßnahmen wie der sogenannte Tankrabatt und das 9-Euro-Ticket haben den Preisauftrieb etwas gedämpft", erklärte das Ministerium von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).
Am Arbeitsmarkt hätten sich im Juni erstmals deutliche Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine gezeigt. Die Arbeitslosigkeit sei gestiegen, was ganz überwiegend durch ukrainische Geflüchtete zu erklären sei. Auch in den kommenden Monaten seien weitere Zunahmen mit abnehmender Intensität zu erwarten, was aber nicht an einer gesamtwirtschaftlichen Schwäche liege.
Der insgesamt rückläufige Trend der Unternehmensinsolvenzen in den Jahren 2020/21 habe sich auch zu Jahresbeginn 2022 fortgesetzt. Die beantragten Unternehmensinsolvenzen lagen im ersten Quartal um 7,4 Prozent unter dem Wert des Vorjahresquartals, für April war ein Rückgang von 6,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen. Aktuelle Frühindikatoren und Umfragen deuteten - trotz der gestiegenen Risken - keinen signifikanten Anstieg in naher Zukunft an.
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July 14, 2022 04:00 ET (08:00 GMT)
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