DJ Deutsche Steuereinnahmen sprudeln im Juni mit plus 26,3 Prozent
BERLIN (Dow Jones)--Die deutschen Steuereinnahmen sind im Juni im Vergleich zum Vorjahresmonat um 26,3 Prozent gestiegen. Das Bundesfinanzministerium führte den Anstieg in seinem jüngsten Monatsbericht überwiegend auf das Plus von 29,6 Prozent bei den Gemeinschaftssteuern zurück.
Bislang liegen die Steuereinahmen in diesem Jahr damit deutlich über den Schätzungen für das Plus im Gesamtjahr und könnten damit den Druck auf weitere staatliche Entlastungen wegen der hohen Inflation erhöhen. In den Monaten Januar bis Juni erhöhten sich die gesamtstaatlichen Steuereinnahmen um 17,5 Prozent auf 407,87 Milliarden Euro, mehr als doppelt so viel wie das Steuerplus von 7,4 Prozent, das die Steuerschätzer noch im Mai für 2022 prognostiziert hatten.
Auftrieb durch Umsatzsteuern und Dividenden
Fast die Hälfte der Mehreinnahmen entfiel laut Finanzministerium im Juni auf die Steuern vom Umsatz. Besonders die Einfuhrumsatzsteuer stieg aufgrund kassentechnischer Buchungsverschiebungen deutlich an. Der beträchtliche Anstieg der Dividendenausschüttungen führte im Juni bei den nicht veranlagten Steuern vom Ertrag zu einem starken Einnahmezuwachs.
Körperschaftsteuer und veranlagte Einkommensteuer konnten insbesondere aufgrund der in diesem Monat fälligen Vorauszahlungen erhebliche Zuwächse verzeichnen, so das Finanzministerium. Bei der Lohnsteuer, bei der die Einnahmen im Juni um 13,7 Prozent stiegen, sorgte der robuste Arbeitsmarkt für eine kräftige Zunahme der Einnahmen.
Im Mai waren die gesamtstaatlichen Steuern im Jahresvergleich um 10,0 Prozent gestiegen und im April um 9,9 Prozent.
Der Bund alleine konnte im Juni ein Steuerplus von 15,1 Prozent auf 37,23 Milliarden Euro verzeichnen. Im ersten Halbjahr stiegen die Steuereinnahmen des Bundes im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sogar um 19,9 Prozent auf 167,43 Milliarden Euro.
Das Steuerplus lag bei den Ländern im Juni bei 37,1 Prozent und bei 19,5 Prozent für den Zeitraum von Januar bis Juni. Insgesamt belief sich das Steueraufkommen im Juni auf rund 46,31 Milliarden Euro und auf 192,93 Milliarden im ersten Halbjahr.
Russischer Angriffskrieg schwächt wirtschaftliche Erholung
In ihrer Beurteilung der wirtschaftlichen Lage verwiesen die Ökonomen des Finanzministeriums auf die anhaltende Belastung des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Besonders die Inflation hinterlasse demnach ihre Spuren.
Zwar bestünden nach wie vor konjunkturelle Aufwärtskräfte in der deutschen Wirtschaft, die sich aus den vollen Auftragsbüchern der Industrieunternehmen sowie pandemiebedingten Nachholeffekten beim Konsum vor allem im Dienstleistungsbereich ergeben könnten. Auch wirke die positive Arbeitsmarktentwicklung stützend für die private Nachfrage.
"Allerdings dürften in diesem Jahr ein deutlich erhöhter Preisdruck, insbesondere im Bereich der Energiegüter, aber auch anhaltende Lieferengpässe und die gestiegene Unsicherheit die wirtschaftliche Erholung dämpfen", so der Monatsbericht. Der Staat könne jedoch "nicht alle negativen wirtschaftlichen Folgen des Kriegs ausgleichen", mahnten die Ökonomen. "Zudem gilt es, keinen zusätzlichen Preisdruck zu erzeugen."
Das Ministerium betonte, dass wegen der aktuellen Belastungen führende deutsche Wirtschaftsforschungsinstitute sowie nationale und internationale Organisationen ihre Prognosen für das deutsche Wirtschaftswachstum in diesem Jahr nach unten korrigiert hätten.
Nach Ansicht der Ökonomen stellt ein kompletter Lieferstopp von Erdgas aus Russland "ein gewichtiges Risiko" dar, bei dessen Eintreten die Entwicklung des deutschen Bruttoinlandsprodukts "deutlich schwächer und der Anstieg der Verbraucherpreise noch stärker" ausfallen dürfte.
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July 20, 2022 18:00 ET (22:00 GMT)
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