DJ DIHK-Umfrage: Betriebe reduzieren Produktion wegen hoher Energiekosten
BERLIN (Dow Jones)--Die hohen Energiepreise in Deutschland bewegen immer mehr Unternehmen zu einer Standortverlagerung oder einem eingeschränkten Geschäftsbetrieb. Laut einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) für das jährliche Energiewendebarometer sehen sich insgesamt 16 Prozent der Industriebetriebe gezwungen, auf die aktuelle Energielage mit einem Zurückfahren der Produktion oder einer zumindest teilweisen Aufgabe von Geschäftsbereichen zu reagieren. Dabei habe die Dynamik innerhalb des Befragungszeitraums zugenommen, so der DIHK.
Besonders die energieintensive Wirtschaft erwöge solche Schritte. Der zuletzt gesunkene Gasverbrauch in Deutschland ist laut DIHK daher wohl nicht auf eine höhere Energieeffizienz, sondern vor allem auf die Stilllegung von Anlagen zurückzuführen.
Von den Unternehmen, die eine Standortverlagerung oder einen eingeschränkten Geschäftsbetrieb erwägen, hat laut DIHK knapp ein Viertel diese Maßnahmen bereits realisiert, ein weiteres Viertel ist gerade dabei. Etwa die Hälfte der Unternehmen gibt laut DIHK an, entsprechende Schritte noch zu planen.
"Das sind alarmierende Zahlen", sagt DIHK-Präsident Peter Adrian. "Sie zeigen, wie stark dauerhaft hohe Energiepreise eine Belastung unseres Standortes sind. Vielen Unternehmen bleibt nichts anderes übrig, als zu schließen oder die Produktion an andere Standorte zu verlagern."
Energieintensive Betriebe besonders betroffen
Besonders stark betroffen ist der DIHK-Auswertung zufolge die energieintensive Wirtschaft. Hier seien die Werte durchweg doppelt so hoch wie im Durchschnitt der Industrie. So beschäftigen sich insgesamt 32 Prozent dieser energieintensiven Betriebe mit einem Zurückfahren der Produktion oder einer (Teil-)Aufgabe von Geschäftsbereichen. Knapp ein Viertel von ihnen, also insgesamt 8 Prozent aller energieintensiven Unternehmen, hat entsprechende Maßnahmen bereits realisiert. Weitere 10 Prozent der Energieintensiven stecken eigenen Angaben zufolge in einem entsprechenden Abbau-Prozess und zusätzliche 14 Prozent haben solche Schritte in ihrer Planung.
"Wir können aus diesen Zahlen auch den Schluss ziehen: Das, was wir aktuell an Rückgang des Gasverbrauchs in der Industrie beobachten, geht vor allem auf die Stilllegung von Maschinen und Anlagen zurück. Es lässt sich nicht unter einer verbesserten Energieeffizienz verbuchen", sagte Adrian.
Viele Unternehmen ohne Gasverträge für das laufende Jahr
Die Untersuchung ergab zudem, dass viele Unternehmen auch Mitte des Jahres noch erhebliche Mengen Gas für dieses Jahr beschaffen müssten. Erst die Hälfte der Industriebetriebe hat ihren Gasbedarf bereits über Verträge gedeckt. Mehr als ein Drittel müssen noch mehr als 30 Prozent ihres Jahresbedarfes für 2022 einkaufen. Dies entspreche einer hochgerechneten Menge von bis zu 50 Terawatt-Stunden Gas.
"Aufgrund der aktuellen Lage auf den Energiemärkten resultiert daraus für die Betriebe ein erhebliches Kosten- und Versorgungsrisiko in den kommenden Monaten", sagte Adrian. "Viele Unternehmen stellen aktuell auch fest, dass sie die selbst erlebten Preissteigerungen im direkten oder indirekten internationalen Wettbewerb nicht in ausreichendem Umfang an Kunden weiterreichen können." So sehen der DIHK-Umfrage zufolge fast zwei Drittel der Industriebetriebe (63 Prozent) in den hohen Stromkosten und Gaspreisen einen Verlust der Wettbewerbsfähigkeit am Standort Deutschland.
Für die vorab ausgewertete Untersuchung wurden bundesweit rund 3.500 Unternehmen aus allen Branchen und Regionen zu ihrer Einschätzung der aktuellen Lage befragt.
Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com
DJG/aat/apo
(END) Dow Jones Newswires
July 25, 2022 05:29 ET (09:29 GMT)
Copyright (c) 2022 Dow Jones & Company, Inc.