DJ DIW: Deutsche Wirtschaft dürfte im dritten Quartal schrumpfen
BERLIN (Dow Jones)--Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sieht wegen der Energiekrise und der Sorge um Gasknappheit ein höheres Rezessionsrisiko für die deutsche Wirtschaft. "Das exportorientierte und energieintensive deutsche Wachstumsmodell kommt momentan an seine Grenzen", sagte DIW-Konjunkturexperte Guido Baldi. "Gegenüber den Vormonaten hat der Barometerwert noch einmal deutlich nachgegeben und deutet für das dritte Quartal dieses Jahres darauf hin, dass die deutsche Wirtschaft schrumpfen wird."
Das Konjunkturbarometer des Instituts brach im Juli auf 71,8 Punkte ein und liegt damit für das dritte Quartal weit unter der 100-Punkte-Schwelle, die ein durchschnittliches Wachstum der deutschen Wirtschaft anzeigen würde. Für das zweite Quartal lag der Indexstand zuletzt noch bei über 90 Punkten.
Weiterhin bremse vor allem die Energiekrise mit bleibenden Sorgen um Gasknappheit und noch höhere Energiepreise die deutsche Wirtschaft aus. Zudem entspannten sich die Probleme bei den globalen Lieferketten nur schleppend, so das DIW. Außerdem hätten der Krieg in der Ukraine und die chinesische Corona-Krise anders als im Winter erhofft zu weiteren Engpässen geführt. Diese Faktoren belasteten auch die Weltwirtschaft und führten teilweise zu enormen Inflationsraten. Dies dämpfe die Nachfrage nach deutschen Exportgütern.
Industrie blickt sorgenvoll in die Zukunft
Besonders die deutsche Industrie leide unter der schwächelnden Weltkonjunktur. Die Auftragslage bleibe angespannt und der noch hohe Auftragsbestand könne wegen der gestörten Lieferketten und des daraus folgenden Mangels an Vorprodukten nur schleppend abgearbeitet werden. Dabei deuteten sich für die kommenden Monate weitere Schwierigkeiten an.
"Die deutsche Industrie blickt sorgenvoll in die Zukunft", sagte Laura Pagenhardt, DIW-Konjunkturexpertin. "Neben dem anhaltenden Materialmangel führt nun auch der nahende Winter und die potenziell eingeschränkte Gasversorgung zu Planungsunsicherheit für die Güterproduktion."
Auch bei den Dienstleistungen sei die Stimmung gedämpft, denn die Erholung der vergangenen Monate komme allmählich zum Erliegen. Die Haushalte hätten wegen der hohen Inflation eine deutlich geringere Kaufkraft und seien besorgt über die weitere Entwicklung der Energiekrise, so das DIW. Die Lage am Arbeitsmarkt dürfte sich wohl in den kommenden Monaten eintrüben, auch wenn Fachkräfte vielerorts immer noch händeringend gesucht werden.
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July 27, 2022 04:31 ET (08:31 GMT)
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