DJ DIW-Chef warnt vor Rezession und Wettbewerbsnachteilen
FRANKFURT (Dow Jones)--Trotz des überraschenden Wirtschaftswachstums im Frühjahr hält DIW-Chef Marcel Fratzscher die Gefahr einer Rezession für unverändert hoch und warnt vor besonderen Wettbewerbsnachteilen für die deutsche Wirtschaft in der Energiekrise. "Die Wahrscheinlichkeit, dass wir in eine Rezession schlittern, steigt", sagte der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung der Augsburger Allgemeinen. "Nirgends steigen die Energiepreise schneller als hier, und es wird sich zeigen, ob die Unternehmen diesen Wettbewerbsnachteil kompensieren können", so der Ökonom.
Die Wirtschaft drohe im Herbst und Winter zu schrumpfen. "Die gute Nachricht ist, es wird nicht mit einem deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit einhergehen", sagte Fratzscher. Die schlechte Nachricht sei, "dass wir eine sehr schleppende Erholung sehen werden, weil die Weltwirtschaft viel schwächer wächst als zuletzt". Für eine exportorientierte Volkswirtschaft heiße das nichts Gutes. Außerdem würden die Energiepreise hoch bleiben.
Die drohende Stagflation könne keiner verhindern - nicht die Regierung, nicht die Zentralbank, nicht die Unternehmen. "Der Staat muss deshalb die schwächeren Schultern entlasten", sagte Fratzscher. Die Krise werde sich weiter auf den Alltag der Menschen auswirken. "Sie müssen sich darauf einstellen, den Gürtel enger zu schnallen beim Verreisen, beim Ausgehen aber auch bei vielen Dingen der Grundversorgung". Deshalb sei "ein drittes Entlastungspaket jetzt so dringend, das zielgenau Menschen mit mittleren und kleinen Einkommen entlastet", forderte der Ökonom.
Fratzscher forderte die Bundesregierung auf ihre Haushaltspolitik zu überdenken: "Durch die zusätzlich dringend benötigten Zukunftsinvestitionen halte ich eine Einhaltung der Schuldenbremse 2023 für weder möglich noch wünschenswert", sagte der Wirtschaftsforscher.
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August 25, 2022 06:15 ET (10:15 GMT)
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