DJ Serbien und Kosovo schließen Freizügigkeitsabkommen
BRüSSEL (AFP)--Nach langem Streit haben sich Serbien und das Kosovo auf gegenseitige Einreiseregelungen geeinigt. Beide Seiten schlossen nach Verhandlungen unter EU-Vermittlung ein Freizügigkeitsabkommen ab, wie der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Samstag erklärte. Demnach verlangt Serbien von Inhabern kosovarischer Ausweise künftig keine speziellen Ein- und Ausreisedokumente mehr; das Kosovo verzichtet im Gegensatz auf die ursprünglich ab Anfang September geplante Einführung ähnlicher Dokumente für Inhaber serbischer Ausweise. Borrell sprach von einer "europäischen Lösung", die ungehinderte Reisen zwischen beiden Ländern ermögliche.
Der kosovarische Regierungschef Albin Kurti begrüßte die Einigung, die "auf Gegenseitigkeit" beruhe. Dies sei für "gutnachbarliche Beziehungen" unverzichtbar, erklärte er. Der Kosovo-Beauftragte der serbischen Regierung, Petar Petkovic, sprach von einem Schritt zur Sicherung von "Frieden und Stabilität auf dem Gebiet des Kosovo und zum Erhalt serbischer Personalausweise für Serben", die im Kosovo leben, "und damit für die Präsenz des serbischen Staates auf diesem Gebiet".
Das Kosovo hatte im Jahr 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt, wird aber von Belgrad bis heute als abtrünniges Gebiet betrachtet und nicht als eigener Staat anerkannt. Die serbische Minderheit im Norden des Kosovo ist großenteils weiterhin loyal zur Regierung in Belgrad. In dem Krieg infolge der Unabhängigkeitsbestrebungen des Kosovo waren Ende der 90er Jahre rund 13.000 Menschen getötet worden.
Der Streit um Ausweisdokumente hatte die Spannungen zwischen beiden Seiten in den vergangenen Monaten wieder verschärft, an den Grenzen kam es zu Blockaden und gewaltsamen Zusammenstößen. In den vergangenen Tagen hatten Kosovos Regierungschef Kurti und der serbische Präsident Aleksandar Vucic in Brüssel unter Vermittlung Borrells Verhandlungen über eine Lösung des Streits geführt.
Die Arbeit sei "noch nicht erledigt", betonte der EU-Außenbeauftragte am Samstagabend. Er erwarte von den beiden Politikern weiterhin "Pragmatismus und eine konstruktive Herangehensweise", um auch ihren Streit um Nummernschilder beizulegen. Dabei geht es um die Forderung des Kosovo, dass auch die Angehörigen der serbischen Minderheit im Norden des Kosovo künftig kosovarische Nummernschilder an ihren Autos haben sollen. Serbiens Präsident Vucic bezeichnete das Auto-Kennzeichenproblem am Samstag als "sehr viel komplizierter" als den Streit um die Einreiseregelungen.
Weltweit erkennen inzwischen rund hundert Staaten das Kosovo als eigenen Staat an, darunter die meisten EU-Staaten und die USA. Serbiens Verbündete China und Russland verweigern dem Kosovo hingegen die Anerkennung. Sowohl Serbien als auch das Kosovo streben den Beitritt zur EU an. Serbien hat den Kandidatenstatus erhalten und verhandelt seit 2014 mit der EU über den Beitritt. Das Kosovo wird von der EU als "potenzieller Kandidat" eingestuft.
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August 28, 2022 02:00 ET (06:00 GMT)