DJ IMK-Konjunkturindikator: Rezessionsrisiko aktuell über 80 Prozent
BERLIN (Dow Jones)--Die Wahrscheinlichkeit, dass die deutsche Wirtschaft in den kommenden drei Monaten in eine Rezession gerät, ist nach Berechnungen des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung erneut deutlich gestiegen. Für das Jahresschlussquartal von Oktober bis Ende Dezember weist der Konjunkturindikator des Instituts ein Rezessionsrisiko von 80,8 Prozent aus. Anfang September betrug dieser Wert für die folgenden drei Monate noch 64,1 Prozent, wie das IMK mitteilte.
Das nach dem Ampelsystem arbeitende Frühwarninstrument stehe wie in den Vormonaten auf "rot" und weise eine akute Rezessionsgefahr aus. Allerdings könnte eine staatliche Gaspreisbremse, die mit der Vorlage des Kommissionsberichts konkreter werde, den drohenden wirtschaftlichen Einbruch in Dauer und Ausmaß spürbar abmildern. Diese Maßnahmen sind laut den Angaben noch nicht im aktuellen Indexstand reflektiert, da die Daten vor Vorstellung der aktuellen Pläne erhoben wurden.
Der Anstieg bei der Rezessionswahrscheinlichkeit hänge stark mit realwirtschaftlichen Größen zusammen, die in den Indikator einfließen. Aber auch aus dem Finanzbereich seien negative Impulse gekommen: Die hohen Energie- und Nahrungsmittelpreise belasteten den privaten Verbrauch infolge des drastischen Kaufkraftverlusts der Haushalte. Zudem dämpften insbesondere die hohen Gaspreise die wirtschaftliche Aktivität. Der Industrieproduktion fehle es an Schwung. Seien es bislang vor allem Lieferengpässe gewesen, die ein stärkeres Produktionswachstum verhindert hätten, so drohten inzwischen auch nachfrageseitige Rückgänge.
"Wir steuern auf eine vom rückläufigen Konsum getriebene Rezession zu, weil viele Menschen bei anderen Ausgaben sparen, um Energie- und Lebensmittelpreise noch bezahlen zu können. Deshalb ist es wichtig, dass die Kaufkraft der Bevölkerung gestützt wird", erklärte IMK-Chef Sebastian Dullien. Die absehbare Entlastung durch eine Gaspreisbremse sei ein wichtiger Beitrag dazu. Würde der Vorschlag der Gaspreiskommission eins zu eins umgesetzt, brächte das den privaten Haushalten bis zum Frühjahr 2024 eine Entlastung von rund 35 Milliarden Euro. Das federe den befürchteten Konsumrückgang ab und könnte das Wirtschaftswachstum um rund 1 Prozentpunkt steigern, während die Inflation merklich niedriger ausfallen dürfte als ohne Gaspreisbremse, erklärte Dullien.
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October 13, 2022 04:09 ET (08:09 GMT)
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