DJ Ergänzungen markiert- Scholz: China soll Einfluss auf Russland geltend machen
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat bei seinem Besuch in Peking an den chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping appelliert, gegenüber Russland auf ein Ende des Ukraine-Kriegs hinzuwirken. "Ich habe Präsident Xi gesagt, dass es wichtig ist, dass China seinen Einfluss auf Russland geltend macht", sagte Scholz bei einer Pressekonferenz mit dem chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang in Peking. Als weltpolitischer Akteur und ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates habe China "eine Verantwortung für den Frieden in der Welt".
Es gehe darum, die Prinzipien der Charta der UN einzuhalten, wie die Souveränität und territoriale Integrität eines jeden Landes. "Russland muss die Angriffe, unter denen die Zivilbevölkerung der Ukraine täglich leidet, sofort beenden und sich aus der Ukraine zurückziehen", forderte Scholz. "Staatspräsident Xi und ich sind uns einig: Atomare Drohgebärden sind unverantwortlich und brandgefährlich", sagte er. "Mit dem Einsatz von Atomwaffen würde Russland eine Linie überschreiten, die die Staatengemeinschaft gemeinsam gezogen hat."
Li betonte, beide Seiten hofften auf ein baldiges Ende des Krieges. "Wir können uns keine weitere Eskalation mehr leisten", hob er laut einer Übersetzerin hervor. Es gelte, "beide Seiten zu Friedensgesprächen zu bewegen", erklärte der chinesische Ministerpräsident. "Wir wollen nicht sehen, dass der Weltfrieden und die regionale Stabilität erschüttert werden, wir wünschen nicht, dass internationale Produktions- und Lieferketten destabilisiert werden", sagte er. "Das wollen wir nicht sehen."
Scholz betonte zudem, der wirtschaftliche Austausch mit China sei "in jüngerer Zeit für deutsche Firmen schwieriger geworden". Das gelte für den Marktzugang, "der von europäischer Seite sehr offen ist, während China viele Sektoren abschottet", und den Schutz geistigen Eigentums. Zudem stelle man fest, dass in China immer häufiger Autarkiebestrebungen diskutiert würden. "Ich habe betont, wie wichtig es aus unserer Sicht ist, die Ungleichgewichte zu beheben", sagte Scholz, der auf seiner Reise von einer hochrangigen Wirtschaftsdelegation begleitet wurde.
Biontech-Zulassung für Expatriots in China
Für die weitere Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie habe er sich mit Xi und Li auf eine enge Zusammenarbeit geeinigt. "Das beinhaltet auch eine Zulassung des Biontech-Impfstoffes für Expatriots in China", gab er bekannt. Er hoffe, dass der Kreis der Berechtigten bald erweitert werden könne bis hin zu einer allgemeinen freien Verfügbarkeit von Biontech. "Wir haben deswegen auch über die Perspektive einer allgemeinen Zulassung von Biontech in China gesprochen." Eine engere Kooperation mit der EU-Arzneimittelbehörde EMA würde hier den Weg ebnen.
Scholz erklärte auch, er habe das Thema Menschenrechte angesprochen. Weil diese in ihrer Geltung "universell" seien, was besonders den Schutz von Minderheiten angehe, handele es sich um keine Einmischung in innere Angelegenheiten. "So schwierig es ist, wir wollen zu diesem Thema im Gespräch bleiben und haben das auch miteinander verabredet", erklärte er. Zu Taiwan mahnte Scholz, eine Veränderung des Status quo dürfe "nur friedlich und in gegenseitigem Einvernehmen erfolgen".
Li betonte zudem, China und Deutschland trügen gemeinsam Verantwortung für die ganze Welt. "Unsere Zusammenarbeit sollte regionaler Stabilität und dem Weltfrieden dienen", erklärte der Regierungschef. Im Bereich Investitionen und Handel habe die deutsche Seite ihre Anliegen an die chinesische herangetragen, während die chinesische Seite geäußert habe, "dass wir deutsche Produkte auf dem chinesischen Markt willkommen heißen". Dies seien "nicht nur Lippenbekenntnisse", sagte er. "Wir wünschen uns eine Öffnung der Märkte in beide Richtungen."
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
DJG/ank/cbr
(END) Dow Jones Newswires
November 04, 2022 06:09 ET (10:09 GMT)
Copyright (c) 2022 Dow Jones & Company, Inc.