DJ Rabobank: EZB könnte Bilanzabbau mit eigenem Wertpapier glätten
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) wird nach Einschätzung von Rabobank-Analyst Bas van Geffen ihre Staatsanleihebestände mit einem ähnlichen Tempo wie die US-Notenbank und die Bank of England reduzieren wollen. Das auf EZB-Verhältnisse umgerechnete Tempo von 30 Milliarden Euro pro Monat lässt sich nach Aussage des Analysten aber nicht mit der von der EZB wohl favorisierten passiven Methode erreichen, fällig gewordene Papiere einfach nicht mehr zu ersetzen. Sein Vorschlag: Die EZB sollte den Abbau von Überliquidität im Bankensystem unterstützen, indem sie zusätzlich eigene Wertpapiere ausgibt. Die könnte sie in Monaten zum Kauf anbieten, in denen die Fälligkeiten unter dem Zielbetrag liegen.
Folgende Annahmen trifft Van Geffen:
1. Staatsanleihebestände müssen reduziert werden
Die EZB will zumindest die unter dem APP-Programm erworbenen Staatsanleihebestände abbauen, um die Liquidität im Bankensystem und damit den Inflationsdruck zu verringern. Sie muss außerdem daran denken, dass sie auch im Falle künftiger Rezessionen zu Anleihekäufen bereit sein müsste. Sitzt sie aber noch auf Altbeständen, droht der Bruch von Besitzobergrenzen. Schließlich fehlen den Banken die Staatsanleihen außerdem als Sicherheiten.
2. Zielgröße für Überschussliquidität 2 Billionen Euro
Van Geffen geht davon aus, dass der Bedarf an Zentralbankreserven heute weltweit viel höher ist als früher, was verschiedene Ursachen hat. Mit Blick auf den Euroraum kommt die "Fragmentierung" des Bankenmarkts hinzu, die einen zusätzlichen Liquiditätsbedarf auslöst. Mit einem Bestandsabbau von 30 Milliarden Euro monatlich kann die EZB auf eine Überschussliquidität von 2 Billionen Euro kommen. Ob sie von da an weiter reduziert, sei eine andere Frage.
3. Kein aktiver Verkauf von Staatsanleihen
Oben genanntes Ziel lässt sich eigentlich nur mit einem aktiven Verkauf von Staatsanleihen erreichen. Van Geffen nimmt aber an, dass die EZB Staatsanleihen nicht aktiv verkaufen will, weil das die Spreads hoch verschuldeter Länder in die Höhe treiben würde, was wiederum Käufe unter den Transaction Protection Instrument auslösen könnte.
4. Liquidität anders absorbieren
Der Analyst sieht zwei Möglichkeiten, wie die EZB auf andere Weise dem Bankensystem Liquidität entziehen kann: Erstens durch die Hereinnahme von Termineinlagen, die dann höher als die Einlagefazilität zu verzinsen wären. Das würde aber nicht das Problem der Sicherheitenknappheit lösen. Zweitens die Emission von Wertpapieren, die handelbar und ihrerseits als Sicherheit einsetzbar wären. In Monaten, in denen das Volumen der Fälligkeiten höher als 30 Milliarden Euro ist, könnte die EZB Papiere zurückkaufen.
Der EZB-Rat wird im Dezember nach Aussage von EZB-Vizepräsident Luis de Guindos über "Timing und Modalitäten" des Quantitative Tightening (QT) diskutieren.
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November 17, 2022 08:01 ET (13:01 GMT)
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