DJ DIHK macht zehn Vorschläge für mehr Tempo in der Wirtschaftspolitik
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) hat von der Regierung schnellere und zielgerichtetere Maßnahmen in der Wirtschaftspolitik gefordert. In einem Papier stellte die Kammerorganisation zehn "Tempo-Thesen" ins Zentrum, damit die Politik "einfacher, schneller und innovativer" agiert. "Seit Jahren appelliert die Wirtschaft an die Politik, Verwaltungsverfahren zu verschlanken und zu digitalisieren, Genehmigungen zu vereinfachen und zu standardisieren -insgesamt agiler zu werden", heißt es darin. Die Rufe seien aber nahezu ungehört verhallt.
Mit den richtigen Weichenstellungen für die Unternehmen und Beschäftigten könne die Politik nun einen Schub für mehr Investitionen in den Unternehmen geben. Wichtig sei jetzt, "sich auf die Geschwindigkeit und die Exzellenz in der praktischen Umsetzung zu konzentrieren", mahnt die DIHK. "Statt kompliziert, umständlich und widersprüchlich sollte der neue Deutschland-Standard sein: Einfach, schnell und innovativ."
Mit den zehn Thesen ließen sich schnell konkrete Ergebnisse erzielen und so Vertrauen schaffen. Unter anderem gelte es, "Belastungs-Ballast" abzuwerfen. "Den Mut, viele gut gemeinte Vorschriften und Auflagen beherzt zu streichen, würden viele Unternehmerinnen und Unternehmer als ersten Befreiungsschlag empfinden", betont die DIHK. Die Politik könne so eine sehr kostengünstige und spürbare Entlastung vieler Unternehmen erreichen, ohne dass die Regelungen danach im realen Leben vermisst würden.
In Genehmigungsverfahren für Anlagen oder Bauwerke sollen nach den Vorstellungen der DIHK zudem Anträge unter bestimmten Voraussetzungen automatisch als genehmigt gelten. Es sollten für alle Verwaltungsverfahren verbindliche Start- und Endtermine mit nachvollziehbaren Kriterien festgelegt werden. "Eingereichte Anträge, die in diesem Zeitraum durch Versäumnisse der Behörden nicht beschieden werden, gelten dann automatisch als genehmigt."
Keine Einzelgenehmigung bei Standardprodukten
Auch sollten die Anforderungen an die Genehmigung und Umweltprüfung von Ersatzneubauten erleichtert werden. So sollte ein Neubau bestehender Brücken auch dann genehmigungsfrei erfolgen können, wenn sie an anderer Stelle hochgezogen und aufgrund des aktuellen Verkehrsaufkommens vergrößert werden müssten. Die DIHK dringt außerdem darauf, bei Standardprodukten auf Einzelgenehmigungen zu verzichten. Für Windräder, Solaranlagen, Mobilfunkmasten und Standardbauten lasse sich damit "einfach ein sehr wirksamer Beschleunigungsturbo zünden", denn diese Produkte seien für die Verwendung zuvor bereits mehrfach erfolgreich überprüft worden.
Die Kammerorganisation regt auch an, wie jüngst bei den LNG-Terminals weitere Anlagen bereits vor der Genehmigung zu bauen. "Das sollte für noch mehr wichtige Vorhaben mit Eil-Bedarf Schule machen: Statt alle Schritte zur Planung und Genehmigung einzeln abzuarbeiten, könnte schon einmal vorläufig parallel konkret gearbeitet werden." Besonders dringlich wäre dies beispielsweise bei der Sanierung maroder Autobahnbrücken, Industrieanlagen oder Gewerbe- respektive Wohnungsbauten entsprechend bereits bestehender Bebauungspläne.
Darüber hinaus pocht die DIHK auf weniger starre Vorgaben etwa bei Berichtspflichten und Regulierung und schnellere Behördenverfahren für ausländische Fachkräfte. "Wir sollten diese Menschen in einem auch digital erreichbaren Welcome-Center empfangen, statt sie vor Ämtern Schlange stehen zu lassen", heißt es in dem Papier. Allgemein sei es dringend an der Zeit, "die Digitalisierung mit einem Schulterschluss von Wirtschaft, Gesellschaft und Politik mit Priorität voranzutreiben".
Dazu gehörten schnelle und digitale, bundesweit einheitliche Genehmigungsverfahren für den Glasfaserausbau. Darüber hinaus müssten Antrags- und Genehmigungsprozesse zwischen Unternehmen und Verwaltungen insgesamt schneller und durchgängig digital abgewickelt werden können. Dafür werde "endlich ein bundesweit funktional einheitliches Unternehmenskonto für Identifizierung, Authentifizierung und Behördenkommunikation benötigt". Damit Unternehmensdaten und Nachweise, die bei den Verwaltungen bereits einmal elektronisch vorliegen, wiederverwendet werden könnten, müsse die Registermodernisierung prioritär vorangebracht werden, so die DIHK.
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