DJ Bund, Verbände wollen bis 2030 Hälfte der Fernwärme klimaneutral erzeugen
Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Auf dem Fernwärmegipfel in Berlin haben sich Regierung sowie Verbände aus der Wirtschaft und Zivilgesellschaft auf einen schnelleren Aus- und Umbau der Wärmenetze verständigt, damit bis 2030 die Hälfte der Wärme klimaneutral erzeugt werden kann. Eine entsprechende Vorgabe war bereits im Gebäudeenergiegesetz (GEG) enthalten. Allerdings verständigte sich das Bündnis auch darauf, dass hier "eine flexible Umsetzung in Abhängigkeit von der lokalen Situation und dem Alter der vorhandenen Anlagen möglich sein soll".
Alle Beteiligten waren sich einer Mitteilung zufolge auf dem Fernwärmegipfel einig, dass die Fernwärmenetze von herausragender Bedeutung für das Gelingen der Wärmewende und das Erreichen der Klimaschutzziele seien. Sie bekannten sich dazu, einen verlässlichen Rahmen für den Aus- und Umbau, die Dekarbonisierung sowie den Markthochlauf zu schaffen, wie das Bundeswirtschafts- und das Bundesbauministerium in einer gemeinsamen Pressemitteilung erklärten.
Laut Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verständigten sich die Teilnehmer auf das Ziel, dass jährlich 100.000 Gebäude an Fernwärmesysteme angeschlossen werden sollen. Hier soll es eine Verzahnung mit dem geplanten Gebäudeenergiegesetz geben, das den Einbau von klimafreundlicheren Heizsystemen vorsieht. Gleichzeitig mahnte Habeck auf einer Pressekonferenz an, dass zum Ausbau der Fernwärme auch "attraktive Preise" für die Kunden gehörten.
"Der Aus- und Umbau der Fern- und Nahwärme ist sehr wichtig, um die Bürgerinnen und Bürger mit bezahlbarer, erneuerbarer Wärme zu versorgen und zugleich unsere Klimaschutzziele zu erreichen", sagte Habeck. Gerade Wärmenetze könnten eine besonders kosteneffiziente klimaneutrale Lösung für die Wärmeversorgung von Gebäuden, Quartieren und ganzen Kommunen sein. Denn sie ermöglichten es, den Wärmebedarf ohne größeren Umbau der Gebäude aus zentralen, zukünftig erneuerbaren Quellen zu decken.
"Daher müssen wir Hemmnisse abbauen", sagte Habeck. Wichtig sei es, die Preistransparenz und damit den Verbraucherschutz zu stärken und so Nah- und Fernwärme attraktiver zu machen.
Geywitz sieht Fernwärme als gute Option für städtische Gebiete
Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) betonte, es sei ein gemeinsames Ziel, die Wärmenetze in Deutschland auszubauen und zu dekarbonisieren. Aber auch sie mahnte eine offenere Preisgestaltung an.
"Wir haben in Deutschland große Potenziale hin zu einer nachhaltigen Wärmeversorgung. Wichtig ist hierbei eine attraktive und transparente Preisgestaltung, um die Anreize für den Anschluss an ein Wärmenetz zu erhöhen. In städtischen und verdichteten Gebieten sind sie bereits heute vielerorts eine gute Option", sagte Geywitz.
Hansjörg Roll vom Fernwärme-Spitzenverband AGFW sagte auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit den Ministern, die geplante Wärmewende sei ein "gewaltiger Kraftakt". Man müsse hier schneller werden in der Umsetzung.
An dem Treffen in Berlin nahmen knapp 30 Vertreter von Verbänden aus den Bereichen Wärmewirtschaft, Wohnungs- und Bauwirtschaft, der Industrie, Umwelt und Verbraucherschutz sowie Gewerkschaften teil.
Forderung nach staatlicher Unterstützung
Die Teilnehmer identifizierten verschiedene Handlungsfelder, in denen es Verbesserungen auf dem Weg hin zum Ausbau der Fernwärme geben müsse. Dazu zählt, möglichst schnell einen klaren und verbindlichen Rahmen für den Weiterentwicklung der Wärmenetze zu schaffen. Zudem forderten sie staatliche Unterstützung. Es bedürfe mittelfristig eines Finanzierungsrahmens, der klare Anreize zur Investition in den Ausbau und die Dekarbonisierung der Wärmenetze setzt.
Zuvor hatte der Verband der Kommunalen Unternehmen (VKU) ein milliardenschweres staatliches Förderprogramm zur den Ausbau der Fernwärme gefordert. Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hatte von der Bundesregierung eine Erhöhung des staatlichen Förderrahmens für die Fernwärme gefordert.
Zur verstärkten Nutzung erneuerbarer Energien und Abwärme wurde ein Bündel an Maßnahmen vorgeschlagen, etwa zur Erleichterung der Abwärmenutzung und zur Beschleunigung des Baus von Anlagen zur Nutzung von Erdwärme (Geothermie) und Solarthermie sowie von Großwärmepumpen.
Wichtig sei bei allem die enge Verzahnung mit dem Gebäudeenergiegesetz. Dieses sieht vor, dass ab 2024 neue Heizungsanlagen zu 65 Prozent mit Ökostrom betrieben werden müssen. Dies bedeutet faktisch das Aus für reine Öl- und Gasheizungen. Neben der Fernwärme, wo die Ökostromquote später erreicht werden soll, sind Wärmepumpen, Solarthermie und auch Wasserstoffheizungen vorgesehen. Der Einbau einer Biomasseheizung, die Holz oder Pellets nutzt, soll nur in Bestandsgebäuden erfolgen, in denen keine andere Wärmelösung Sinn macht. Aktuell wird in der Koalition allerdings noch über Änderungen an dem Gesetzentwurf beraten.
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June 12, 2023 10:49 ET (14:49 GMT)
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