
TOKIO (dpa-AFX) - Jahrzehntelang waren sie Japans Elite: die Ministerialbürokraten. Mit hohem Arbeitsethos und dank ihrer engen Bande zur Wirtschaft trugen Japans Beamte wesentlich zum erfolgreichen Aufholprozess ihres Landes nach dem Zweiten Weltkrieg bei. Doch der Lack ist ab. Angesichts langer Arbeitszeiten und Überstunden schmeißen immer mehr junge Bürokraten schon nach wenigen Jahren das Handtuch. Die Zahl der frühzeitig aus dem öffentlichen Dienst ausscheidenden Bürokraten nehme zu, während zugleich die Zahl der Bewerber für den Staatsdienst zurückgehe, berichtete Japans auflagenstärkste Tageszeitung "Yomiuri Shimbun" am Donnerstag.
Die Lage ist so ernst, dass Experten Reformen der Arbeitsbedingungen fordern. Als einen wesentlichen Grund für die sinkende Motivation unter den jüngeren Staatsbediensteten gilt deren Aufgabe, ihre Minister auf Fragerunden im Parlament vorzubereiten. Die Aufträge zur Bearbeitung der Fragen bekämen die jungen Bürokraten jedoch oft erst spät am Vorabend der anstehenden Parlamentsbefragungen vorgesetzt, bestätigte ein hoher Beamter der Deutschen Presse-Agentur. Es kam auch schon vor, dass ein Minister seine Mitarbeiter um vier Uhr morgens zu sich bestellte, um sich vor Parlamentsdebatten zu beraten.
Experten vermuten, dass manch junge Bürokraten, die angesichts solcher Arbeitsbedingungen das Handtuch schmeißen, lieber in die freie Wirtschaft gehen. Zum Beispiel zu jungen Start-up-Unternehmen./ln/DP/zb