NÜRNBERG (dpa-AFX) - Die 400 Jobcenter in Deutschland haben die Regierungspläne zur Betreuung junger Arbeitsloser kritisiert. In einem Brandbrief wenden sie sich dagegen, dass junge Arbeitslose künftig nicht mehr von den Jobcentern, sondern von den Arbeitsagenturen betreut werden sollen. Der Plan stelle "einen radikalen Systemwechsel dar und wird weitreichende gesellschaftliche, organisatorische und personelle Folgen haben", heißt es in der Stellungnahme, über die "Süddeutsche Zeitung" zuerst berichtete und die der Deutschen Presse-Agentur am Freitag vorlag.
Den Plänen zufolge sollen die fast 700 000 Arbeitslosen im Alter von unter 25 Jahren künftig ins Sozialgesetzbuch III und damit zu den Arbeitsagenturen wechseln. Bisher werden sie von den Jobcentern betreut, auf der Grundlage des Sozialgesetzbuches II. Der Hintergrund: Die Leistungen aus dem SGB II sind steuerfinanziert und müssen aus Steuermitteln beglichen werden. Werden die jungen Leute von den Arbeitsagenturen betreut, kommt die beitragsfinanzierte Arbeitslosenversicherung, nicht aber der Bundeshaushalt dafür auf.
Die Menschen aus dem bisherigen Modell herauszunehmen, durchbreche die absolut sinnvolle ganzheitliche Betreuung der Bedarfsgemeinschaften und der Familien durch die Jobcenter vor Ort, heißt es in dem Brief, der vom Bundesnetzwerk Jobcenter stammt. Unterzeichnet wurde er stellvertretend von zehn Leitern von Jobcentern. Der Sprecher des Netzwerkes, Stefan Graaf, sagte der "Süddeutschen Zeitung": "Wir können dann nicht mehr die ganze Familie betreuen, obwohl wir die Verhältnisse von Eltern und Kindern in der Regel kennen. Es wird hier etwas ohne Not auseinandergerissen und auf zwei Behörden verteilt."
Die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA), sagte der Zeitung, ihre Behörde sei von dem Vorhaben überrascht worden. Die BA werde es prüfen. Das Arbeitsministerium sagte auf Anfrage der Zeitung, die Pläne verfolgten das Ziel, den jungen Menschen die Arbeitsförderung einheitlich und aus einer Hand anzubieten. Man nehme den Umbau auch vor, mit Blick auf die für 2025 geplante Einführung der Kindergrundsicherung, nach der viele junge Menschen Kindergrundsicherung statt Bürgergeld vom Jobcenter beziehen sollen./dm/DP/nas