DJ WOCHENEND-ÜBERBLICK Wirtschaft, Politik/19. und 20. August 2023
Die wichtigsten Meldungen zu Wirtschafts- und Politikthemen aus dem Wochenendprogramm von Dow Jones Newswires.
Regierung, Staat und Demokratie verlieren an Rückhalt - Studien
Die Ampel-Koalition verliert immer stärker an Rückhalt in der Bevölkerung. Zugleich schwindet auch das Vertrauen in staatliche Einrichtungen sowie in die Demokratie, wie eine Studie nahelegt. Im aktuellen Sonntagstrend von Insa verliert die SPD zwei Prozentpunkte und kommt nur noch auf 18 Prozent. Damit liegt die SPD nun schon drei Punkte hinter der AfD, die unverändert 21 Prozent erreicht. Leicht zulegen können CDU/CSU mit 27 Prozent (plus 1), die Grünen mit 14 Prozent (plus 1) und die FDP mit 8 Prozent (plus 1). Die Linke bleibt bei 5 Prozent, die Sonstigen kommen auf 7 Prozent (minus 1).
Unterdessen zitiert der "Tagesspiegel" aus einer Studie, wonach das Vertrauen der Bundesbürger in die Demokratie und ihre Institutionen in den vergangenen Monaten dramatisch gelitten hat. Das Ansehen von Bundestag und Bundesregierung leidet erheblich, vor allem in den alten Bundesländern. Dies ist das Ergebnis einer Studie der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung. Nur noch eine Minderheit der Deutschen, nämlich 38 Prozent, sind demnach mit der Demokratie zufrieden oder sehr zufrieden. Ende 2022 waren es noch 52 Prozent. Vertrauen in den Bundestag haben nur noch 44 Prozent (Ende 2022: 51 Prozent). Das Vertrauen in die Bundesregierung sank von 47 auf 39 Prozent.
Abschöpfung am Strommarkt brachte Staat kaum Einnahmen
Die unter anderem zur Finanzierung der Energiepreisbremsen eingeführte Abschöpfung übermäßiger Gewinne am Strommarkt hat dem Bund kaum Einnahmen gebracht. Für den Abrechnungszeitraum von Dezember 2022 bis Ende März 2023 meldete das Bundeswirtschaftsministerium Überschusserlöse von rund 417 Millionen Euro. Die Maßnahme lief noch bis Ende Juni, dürfte in den vergangenen Monaten wegen der gesunkenen Strompreise aber wenige weitere Einnahmen generiert haben.
Wirtschaftsweise Schnitzer für Reform der Netzentgelte
Die Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Monika Schnitzer, hat den Vorschlag von Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller für eine Reform des Strompreises mit niedrigen Netzentgelt-Gebühren für Regionen mit viel Windkraft begrüßt. "Der Vorschlag von Regionen mit unterschiedlichen Strompreisen ist sehr überlegenswert", sagte die Wirtschaftsweise Schnitzer der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Diese würden den Anreiz deutlich erhöhen, den Ausbau der Stromtrassen zu beschleunigen.
S&P Global Mobility erwartet rund 2,8 Mio Pkw-Neuzulassungen
Der deutsche Neuwagenmarkt dürfte trotz derzeit sinkender Nachfrage im Gesamtjahr auf eine positive Bilanz kommen. "Das Wachstum der ersten Jahreshälfte hält der Markt nicht durch. Aber wir rechnen, dass wir im laufenden Jahr noch auf rund 2,8 Millionen Pkw kommen", sagte Martin Benecke, Senior Manager S&P Global Mobility, der Automobilwoche. Auf die einstigen Höhenflüge hat der deutsche Pkw-Markt aber dauerhaft keine Chance mehr. "Wenn es gut läuft, kann er nochmals auf drei Millionen Pkw kommen. Mehr aber nicht." Im Vorkrisenjahr 2019 hatte es noch mehr als 3,6 Millionen Pkw-Neuzulassungen gegeben.
Spahn fordert Deckel bei Sozialabgaben
Unionsfraktionsvize Jens Spahn fordert eine im Grundgesetz verankerte Belastungsbremse bei den Sozialabgaben. "Wir brauchen bei 40 Prozent Sozialabgaben eine Belastungsbremse", sagte Spahn der BamS. "Diese Bremse sollten die Ampel-Parteien gemeinsam mit der Union beschließen und - ähnlich wie die Schuldenbremse - im Grundgesetz verankern. Damit diese Netto-Garantie für Gehälter auch dauerhaft eingehalten wird."
SPD stellt sich bei Industriestrompreis gegen Kanzler
Innerhalb der SPD mehren sich die Stimmen, die sich anders als der eigene Bundeskanzler Olaf Scholz für die Einführung eines subventionierten Strompreises für energieintensive Industriezweige aussprechen. "Aus unserer Sicht ist der Industriestrompreis elementar wichtig", sagte der SPD-Bundestagsfraktionsvize, Dirk Wiese, den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Die Betriebe bräuchten zwar keine Dauersubvention, aber sehr wohl eine Unterstützung für einen Übergangszeitraum, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) der WamS. "Wir brauchen sichere und bezahlbare Energie für die Unternehmen, die sich in schwierigen Wettbewerbssituationen, gerade mit dem nahen außereuropäischen Ausland befinden", betonte Fraktionsvize Wiese.
Lauterbach will Studien und Zulassung für Arzneimittel vereinfachen
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will die Bedingungen für medizinische Forschung in Deutschland verbessern. Er plane ein Gesetz, damit "man viel einfacher und noch schneller in Deutschland Studien mit Arzneimitteln machen kann, dass man die Arzneimittel schneller zulassen kann", sagte er der ARD. Der Forschungsstandort Deutschland habe zuletzt an Attraktivität verloren, sagte Lauterbach weiter: "Wir sind zurückgefahren in der Arzneimittelforschung, wir sind zurückgefahren bei der Zulassung neuer Arzneimittel." Noch in diesem Jahr werde sein Ministerium ein Gesetz vorlegen, "welches die Defizite behebt" und neben Medikamenten auch Medizinprodukte wie Kernspintomographen erfasse.
Länder fordern wegen Unwettern Versicherungspflicht für Häuser
Nach heftigen Unwettern in Deutschland in den vergangenen Tagen haben mehrere Ministerpräsidenten ihre Forderung nach einer verpflichtenden Elementarschadenversicherung bekräftigt. "Es ist deshalb leider absolut sinnvoll und notwendig, dass sich alle Bürgerinnen und Bürger insbesondere gegen die Folgen von Starkregen und Überschwemmungen auch mit einer Elementarschadenversicherung schützen", sagte Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD) der "Rheinischen Post". "Rheinland-Pfalz tritt für eine bundeseinheitliche Pflichtversicherung für Elementarschäden ein", sagte die Ministerpräsidentin des Bundeslandes, Malu Dreyer (SPD).
Paus' Kindergrundsicherung deutlich günstiger als veranschlagt - Zeitung
Die Kindergrundsicherung soll laut dem von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) fertiggestellten Gesetzentwurf zunächst 3,5 Milliarden Euro im Jahr kosten - deutlich weniger, als die Ministerin zunächst veranschlagt hatte. "Die Gesamtkosten betragen für den Zeitraum vom 1. Januar 2025 bis 31. Dezember 2025 3,5 Milliarden Euro", heißt es in dem Gesetzentwurf, der "Zeit online" vorliegt. Ursprünglich hatte Paus zwölf Milliarden Euro gefordert, zuletzt hatte die Ministerin noch von zwei bis sieben Milliarden gesprochen.
Haseloff sieht Deutschland bei Zuwanderung an Belastungsgrenze
Angesichts weiter steigender Zahlen bei der illegalen Migration befürchtet Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) eine Überforderung Deutschlands. "Ich sitze regelmäßig mit Bürgermeistern und Landräten zusammen. In den Kommunen ist die Belastungsgrenze erreicht! Das ist leider noch nicht völlig angekommen in Berlin", sagt der Politiker der "Bild"-Zeitung. Konkret kritisiert Haseloff unter anderem die mangelnde Rückführung von Migranten ohne Bleibeperspektive durch die Bundesregierung.
Scholz kritisiert Ampel-Streit über Kindergrundsicherung
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat den öffentlich ausgetragenen Streit der Koalitionspartner FDP und Grüne über die Kindergrundsicherung kritisiert. Das Gesetz sei noch in Arbeit, "insofern freue ich mich nicht darüber, dass es nun schon öffentlich diskutiert worden ist", sagte Scholz.
NRW-Minister Laumann fordert "Arbeitsmarktoffensive" bei Bürgergeldempfängern
Der Arbeitsminister von Nordrhein-Westfalen, Karl-Josef Laumann (CDU), hat eine bundesweite Offensive zur Integration von Bürgergeldempfängern in den Arbeitsmarkt gefordert. "Wir brauchen eine Arbeitsmarktoffensive in Deutschland. Bürgergeldempfänger, die arbeiten können und nicht gesundheitlich beeinträchtigt sind, müssen auch arbeiten", sagte Laumann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Justizminister Buschmann will Bürokratiekosten drastisch senken
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) will auf der Klausurtagung in Meseberg Ende August die Eckpunkte für das neue Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) vorstellen und mit dem Gesetz den Bürokratiekostenindex deutlich senken. "Statt lästiger Zettelwirtschaft sollen Unternehmen Zeit für echtes Wirtschaften haben", sagte Buschmann der BamS. Seit Amtsantritt der Ampel-Regierung ist die Bürokratie-Belastung der Unternehmen bislang weiter gestiegen, wie der Bürokratiekostenindex des Statistischen Bundesamts zeigt. Durch das neue Entlastungsgesetz will der Justizminister "den Bürokratiekostenindex deutlich senken.
Justizminister Buschmann (FDP) plant Unterhaltsrechtsreform
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) plant eine Reform des Unterhaltsrechts. "Wir werden die Unterhaltslasten fairer verteilen", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Damit soll der Tatsache, dass nach einer Trennung Eltern oft weiterhin gemeinsam ihre Kinder erziehen, Rechnung getragen werden. Zuspruch kam aus der SPD und vom Kinderschutzbund. Sie pochen zugleich darauf, dass Ansprüche von Kindern nicht gemindert werden dürfen.
Ukraine erhält US-Kampfflugzeuge des Typs F16
Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte hat der Ukraine offiziell die Lieferung von F-16-Kampfjets zugesagt. "Die Niederlande und Dänemark verpflichten sich, F-16 an die Ukraine zu übergeben, sobald die Bedingungen für einen derartigen Transfer erfüllt sind", sagte Rutte bei einem Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Eindhoven. Die USA hatten am Freitag grünes Licht für die Entsendung von F-16-Kampfjets aus Dänemark und den Niederlanden an die Ukraine gegeben.
7 Tote und 110 Verletzte durch russischen Beschuss auf Tschernihiw
Der russische Terror gegen die Zivilbevölkerung in der Ukraine geht unvermindert weiter. Nach dem russischen Luftangriff auf die Stadt Tschernihiw im Norden der Ukraine ist die Anzahl der Opfer auf sieben Tote und 110 Verletzte gestiegen.
Ukraine und Rumänien wollen Getreidetransport erleichtern
Angesichts der angespannten Lage im Schwarzen Meer wollen die Ukraine und Rumänien ihre Zusammenarbeit bei Warentransporten verstärken. Beide Länder hätten ein Abkommen unterzeichnet, "das den zuverlässigen Transit ukrainischer Waren gewährleistet", erklärte der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal nach einem Treffen mit seinem rumänischen Amtskollegen Marcel Ciolacu.
Fitch bekräftigt Spitzenbonität für die Niederlande
Die Niederlande behalten ihre von Fitch Ratings zuerkannte Spitzenbonität. Fitch bestätigte die Bestnote "AAA" für das langfristige Kreditausfallrisiko in Fremdwährungen. Der Ausblick wurde als "Stabil" eingestuft.
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August 20, 2023 11:31 ET (15:31 GMT)
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