DJ Beirat beim Finanzministerium stützt restriktive Fiskalpolitik
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Der unabhängige Wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium hat in Empfehlungen zur "Finanzpolitik in Zeiten von Inflation" den Kurs einer weitgehenden Rückkehr zu ausgeglichenen Haushalten gestützt. Die Sicherung der Preisstabilität sei "nicht nur eine Aufgabe der Geldpolitik. Auch die Fiskalpolitik hat erheblichen Einfluss auf das Inflationsgeschehen", betonten die Ökonomen. "Insbesondere würde eine gesamtwirtschaftlich restriktiv ausgerichtete Fiskalpolitik den Nachfragedruck senken und helfen, die Inflationserwartungen einzudämmen." In der Europäischen Währungsunion komme es dabei darauf an, die Fiskalpolitik entsprechend zu koordinieren.
"Die Rückkehr zu weitgehend ausgeglichenen Haushalten, wie es die Fiskalregeln nicht nur in Deutschland, sondern in allen europäischen Ländern vorsehen, wäre daher ein wichtiger Beitrag zur Eindämmung der Inflation", betonten sie. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sah sich in seiner Ablehnung einer expansiven Finanzpolitik bestätigt. "Der wissenschaftliche Beirat gibt uns eine klare Empfehlung mit: Neue staatliche Ausgabenprogramme würden das Inflationsproblem nicht lösen, sondern lediglich private Investitionen verdrängen - und die Inflation weiter befeuern", erklärte er auf der Plattform "X", die früher Twitter hieß.
Die Ökonomen betonten in ihrem Gutachten zudem, bei Gegenfinanzierung innerhalb des Haushalts oder durch flankierende Steuererhöhungen könne die Finanzpolitik etwa durch Sonderabschreibungen oder Senkung von Transferentzugsraten positive Impulse für die Entwicklung des Produktionspotenzials setzen, die helfen, den Inflationsdruck kurz- oder mittelfristig zu verringern. Auch eine Umschichtung zu öffentlichen Ausgaben, die das Produktionspotenzial erhöhten, könne mittelfristig einen Beitrag zur Verringerung des Inflationsdrucks leisten.
Die Finanzpolitik sollte nach Überzeugung der Ökonomen aber "nicht versuchen, mit Senkung indirekter Steuern Einfluss auf die Preisentwicklung zu nehmen". Die Reduktion von Energiesteuern etwa verschärfe die Knappheiten und befeuere so die Preisentwicklung. Wenn Entlastungen von Haushalten oder Unternehmen bei den Energiekosten beschlossen würden, sollten die Sparanreize erhalten bleiben, wie es zumindest bei der Konstruktion der im vergangenen Jahr beschlossenen Maßnahmen angelegt sei. "Um die Situation einkommensschwacher Haushalte durch Anpassungen zu verbessern, wären direkte Transfers vermutlich die beste Option", erklärten die Wissenschaftler.
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