DJ IWF fordert straffere Fiskalpolitik - Konflikt mit Klimazielen
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnt vor einer weltweit zu starken Staatsverschuldung und sieht für die meisten Länder die Notwendigkeit einer strafferen Fiskalpolitik. Das steht jedoch im Widerspruch zu den finanziellen Erfordernissen, die sich aus dem Ziel eines CO2-neutralen Wirtschaftens ergibt.
Nach den Projektionen des IWF wird der Euroraum in den nächsten fünf Jahren die konservativste Finanzpolitik betreiben: Sein aggregiertes Haushaltsdefizit wird demnach von 3,4 Prozent 2023 auf 2,1 Prozent 2028 zurückgehen, wobei auch für Deutschland durchgehend Haushaltsdefizite unterstellt werden (Rückgang von 2,9 auf 0,5 Prozent). Frankreich und Italien werden demnach 2028 Defizite von 3,6 und 2,5 Prozent aufweisen. Für den Durchschnitt der sieben wichtigsten Industriestaaten prognostiziert der IWF einen Rückgang des Defizits von 6,5 auf 5,0 (USA: 8,0 auf 7,0) Prozent.
"In den meisten Ländern ist eine straffere Finanzpolitik erforderlich, nicht nur um Puffer wiederherzustellen und die Risiken für die öffentlichen Finanzen einzudämmen, sondern auch um die Zentralbanken in ihren Bemühungen um eine rechtzeitige Rückkehr zu den Inflationszielen zu unterstützen", schreibt der IWF.
Deutschlands Verschuldung sinkt bis 2028 auf 57,5 Prozent
Die weltweite Bruttoverschuldung wird laut den IWF-Projektionen von 2023 bis 2023 von 112,1 auf 116,3 zunehmen und die der G7 von 127,8 auf 134,3 (USA: 123,3 auf 137,5) Prozent. Die Verschuldung des Euroraums sinkt dagegen demnach von 89,6 auf 84,9 Prozent und die Deutschlands von 65,9 auf 57,5 Prozent. Frankreichs Verschuldung bleibt demnach nahezu konstant bei 110,8 Prozent, Italiens geht von 143,7 auf 140,1 Prozent zurück.
Ursache des weltweiten Schuldenanstiegs ist laut IWF eine Kombination aus langsamerem Wirtschaftswachstum, steigenden Realzinsen und höheren Haushaltsdefiziten. Zu den Defiziten merkt der IWF an: "Die Schwierigkeiten haben ihren Ursprung in der ständig wachsende Nachfrage nach öffentlichen Ausgaben, verbunden mit hohen Erwartungen an das, was der Staat tun kann und soll, den hohen Schulden und Zinsen sowie den politischen 'roten Linien' bei den Steuern."
Klimaschutz könnte Verschuldung stark erhöhen
Ein großes weltweites Haushaltsrisiko stellt laut IWF der Klimaschutz dar. Wollten die Länder eine Kohlenstoffneutralität mit den jetzigen Methoden erreichen - und das sind vor allem hohe Subventionen und andere Formen von öffentlichen Ausgaben - würde das die Schulden eines repräsentativen Industrielands und eines repräsentativen Schwellenlands laut IWF bis 2025 um 40 bis 50 Prozentpunkte des BIP erhöhen.
Der IWF argumentiert, dass sich dieser Zielkonflikt durch eine Kombination von politischen Instrumenten teilweise umgehen ließe, zu denen auf jeden Fall ein Kohlenstoffpreis gehören müsse, was aber nicht ausreichend wäre. Zudem brauche es Instrumente, um das anhaltende Marktversagen zu korrigieren. Auch steuerliche Unterstützung sei notwendig, um die unvermeidlichen kostspieligen Anpassungen zu erleichtern.
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October 11, 2023 04:30 ET (08:30 GMT)
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