DJ POLITIK-BLOG/ZDH: Standortstärke nur mit grundlegenden Reformen
Die Übersicht in Kurzmeldungen zu Entwicklungen, Ergebnissen und Einschätzungen rund um die bundesdeutsche Politik:
ZDH: Standortstärke nur mit grundlegenden Reformen
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) pocht angesichts des Jahresgutachtens des Sachverständigenrates Wirtschaft auf grundlegende Reformen. "Das Jahresgutachten der Sachverständigen macht die Notwendigkeit noch deutlicher, die strukturellen Standortschwächen endlich mit einem konkreten, mittelstandsfähigen Gesamtkonzept anzugehen", sagte ZDH-Präsident Jörg Dittrich. Wachstumsorientierte, wettbewerbsfördernde und grundsätzliche strukturelle Reformen seien dringend geboten. "Wenn Transformation gestaltet, beschleunigt und im Ergebnis gelingen soll, darf bei allen Reformen die Mittelstandsorientierung kein Schlagwort bleiben", mahnte er. Die Fachkräftesicherung sei eine der entscheidenden Stellschrauben, besonders auch im Handwerk, wenn es um Investitionen in die Zukunft gehe. "Voraussetzung für alle anderen Wenden - Klimawende, Energiewende, Verkehrswende - ist eine Bildungswende hin zu echter Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung", so Dittrich.
DIHK: Regierung muss entschlossen Rahmenbedingungen verbessern
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) hat von der Regierung angesichts des jüngsten Gutachtens der fünf Wirtschaftsweisen eine Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verlangt. "Anzeichen für einen selbsttragenden Aufschwung sind derzeit nicht zu sehen", sagte DIHK-Hauptgeschäftsführungsmitglied Ilja Nothnagel. Mehr als die Hälfte der Betriebe sähen in den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen ein Geschäftsrisiko. "Das sollte ein Weckruf für die Regierung sein, schnell und konsequent zu handeln", sagte Nothnagel. Damit die deutsche Wirtschaft wieder auf einen langfristigen Wachstumspfad komme, brauche sie dringend Maßnahmen, die bei den Unternehmen direkt ankämen. Für Investitionen müssten die Energiekosten sinken. Aus Sicht der Breite der Unternehmen sollten auch Abgaben, Umlagen und Netzentgelte sinken. Gleichzeitig brauchten Unternehmen jetzt Anreize für Investitionen in erneuerbare Energien.
SPD-Abgeordneter: Müssen Beschäftigung stärken für höhere Wachstumspotential
Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Bernd Westphal, teilt die Ansicht der Wirtschaftsweisen, dass die rückläufige demografische Entwicklung ein potenzielles Wachstumshemmnis für den Wirtschaftsstandort Deutschland ist. Daher müsse bislang ungenutzte Erwerbspersonenpotentiale im Inland "dringend erschlossen und gleichzeitig für geeignete Rahmenbedingungen für eine gesteuerte Migration von ausländischen Fachkräften" gesorgt werden. "Einen Überbietungswettbewerb können wir in der Migrationspolitik allerdings nicht gebrauchen. Deutschland ist ein weltoffenes Land für ausländische Fachkräfte und muss das auch bleiben", so Westphal. Die Wirtschaft stehe zudem vor dem größten Wandel, hin zu einer klimaneutralen, digitalisierten und nachhaltigen Wertschöpfung. Westphal sagte, er vermisse daher im Jahresgutachten des Sachverständigenrates "ein klares Signal für einen Transformationsstrompreis" als Gamechanger zur Beschleunigung der wirtschaftlichen Transformation. "Das sichert und schafft gut bezahlte Arbeitsplätze und sorgt für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land", so der SPD-Abgeordnete.
Klöckner: Mittelfristige Wachstumsaussichten auf einem historischen Tiefstand
Deutliche Wachstumshemmnisse und fehlende Investitionen setzen die deutsche Wirtschaft nach Ansicht der wirtschaftspolitischen Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Julia Klöckner, unter Druck. Das Jahresgutachten des Sachverständigenrats mache deutlich, dass die mittelfristigen Wachstumsaussichten auf einem historischen Tiefstand seien. "Das Gutachten zeigt, dass das von Bundeskanzler Scholz ausgerufene grüne Wirtschaftswunder ausbleibt. Die Wirtschaft steht vor tiefgreifenden Veränderungen und Belastungen, weil es der Ampel-Regierung nicht gelingt, rechtzeitig strukturell die richtigen Weichen zu stellen", sagte Klöckner. Die Ampel verliere sich in endlosen Diskussionen etwa über den Industriestrompreis. Dadurch entstünde erhebliche Investitionsunsicherheit für die deutsche Wirtschaft, vor allem für die Industrie. Auch mit Blick auf die mittlere und längere Frist verheiße das Gutachten nichts Gutes, wenn nicht endlich die richtigen Weichen gestellt würden, um Innovationen und Investitionen anzukurbeln.
CSU-Abgeordneter: Jahresgutachten der Wirtschaftsweisen ist blauer Brief für Ampel
Das Jahresgutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist nach Ansicht des finanz- und haushaltpolitische Sprechers der CSU im Bundestag, Sebastian Brehm, "ein blauer Brief" für die Ampel-Koalition. "Die 'Wirtschaftsweisen' haben die Versäumnisse der Ampel-Koalition überdeutlich benannt. Notwendige Reformen im Steuer-, Transfer- und Rentensystem werden zum Schaden von Bürgern und Wirtschaft seit zwei Jahren verschleppt", sagte er. Besserung sei angesichts der gegenseitigen Blockade in der Ampel nicht in Sicht. Auch beim Bürokratieabbau fehlten trotz großer Ankündigungen dauerhafte Lösungen. "Der Optimismus des Bundeskanzlers angesichts dieser Lage zeigt, dass die Bundesregierung den Ernst der Lage nach wie vor nicht erkannt hat", sagte Brehm.
Sprecherin: Scholz' Hand bleibt für Merz ausgestreckt
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bietet Unions-Fraktionschef Friedrich Merz (CDU) weiterhin eine Zusammenarbeit in Migrationsfragen an, obwohl dieser den von Scholz dazu vorgeschlagenen "Deutschlandpakt" nach den jüngsten Bund-Länder-Gesprächen für beendet erklärt hatte. "Der Bundeskanzler findet das durchaus sehr schade", sagte Vize-Regierungssprecherin Christiane Hoffmann zu Merz' Absage. "Die Hand des Bundeskanzlers wird aber ausgestreckt bleiben", betonte sie. Scholz glaube auch, "dass die Öffentlichkeit erwartet, dass man in einer so wichtigen Frage keine parteitaktischen Spielchen spielt". Scholz habe den Eindruck gehabt, dass man nach dem Treffen mit Merz anders verblieben sei. Hoffmann sprach in diesem Zusammenhang von einer "Volte" der Oppositionsführers. Scholz sehe aber auch, dass "niemand zu einer konstruktiven Mitarbeit gezwungen" werden könne.
Mehrheit gegen schnellere Einbürgerung von Migranten - Umfrage
Die von der Bundesregierung geplante Reform des Staatsbürgerschaftsrechts stößt bei der Mehrheit der Bevölkerung auf Ablehnung. Nach einer Umfrage des INSA Meinungsforschungsinstituts für die Bild-Zeitung sind 52 Prozent der Befragten (eher) gegen eine schnellere Einbürgerung von Migranten. Ein Drittel ist (eher) dafür. Der Umfrage zufolge lehnen zugleich 46 Prozent der Bundesbürger den Plan (eher) ab, das in Deutschland geborene hier lebender Migranten automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten sollen. Dagegen finden 36 Prozent das Vorhaben (eher) richtig. Mit der Reform will die Bundesregierung unter anderem die Einbürgerung von Ausländer bereits nach fünf statt bisher acht Jahren ermöglichen, in besonderen Fällen sogar nach drei Jahren.
Günther fordert rasche Umsetzung der Bund-Länder-Beschlüsse
Nach den Bund-Länder-Beschlüssen zur Migration hat der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Daniel Günther, eine rasche Umsetzung angemahnt. "Je fixer gearbeitet wird, desto schneller werden die Zahlen auch runtergehen", sagte Günther im Deutschlandfunk. Deutschland habe es nicht allein in der Hand, dass weniger Menschen kämen, sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk. Aber man habe bei den Bund-Länder-Beratungen in vielen Bereichen gewährleistet, dass es keine steigenden Zahlen in Deutschland gebe. Es seien Beschlüsse gefasst worden, Verfahren zu beschleunigen, um schnell Menschen ohne Bleibeperspektive zurückzuführen. Dies müsse nun zügig umgesetzt werden. So müssten die Beschlüsse von Abkommen mit den Herkunftsländern flankiert werden. Außerdem müsse man daran arbeiten, dass Asylzentren an den EU-Außengrenzen geschaffen würden.
Kontakt zur Redaktion: konjunktur.de@dowjones.com
DJG/ank/sha
(END) Dow Jones Newswires
November 08, 2023 11:42 ET (16:42 GMT)
Copyright (c) 2023 Dow Jones & Company, Inc.