DJ Lagarde fordert größere Entschlossenheit bei Kapitalmarktunion
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, hat eine größere Entschlossenheit öffentlicher und privater Akteure bei der Vertiefung einer europäischen Kapitalmarktunion gefordert. Lagarde sagte beim 33. European Banking Congress in Frankfurt: "Um die Fragmentierung der EU-Kapitalmärkte zu verringern, sollte ein ehrgeizigerer Ansatz die Schaffung eines einheitlichen Regelwerks beinhalten, das von einer einheitlichen Aufsichtsbehörde durchgesetzt wird."
Dies würde private Unternehmen in die Lage versetzen, ihre Ambitionen zur Förderung wachstumsstarker privater Investitionen auszuweiten. Lagarde sagte weiter: "Schließlich braucht ein echter europäischer Kapitalmarkt konsolidierte Marktinfrastrukturen - und auch hier kann der Privatsektor seine Entschlossenheit unter Beweis stellen."
Lagarde zufolge ähneln die Herausforderungen, vor denen Europa heute steht, denen der USA während des Eisenbahnbaus im 19. Jahrhundert. Damals habe die US-Regierung mit der Schaffung einer zentralen Securities and Exchange Commission (SEC) die Voraussetzungen für eine Finanzierung dieser Vorhaben geschaffen und sich damit den partikularen Interessen der Bundesstaaten entgegengestellt.
Heute stehe Europa wegen des Klimawandels, demografischer Probleme, der notwendigen Digitalisierung und der Neuausrichtung von Lieferketten vor ähnlichen Herausforderungen. Aber die Bemühungen um eine Integration der Kapitalmärkte sind Lagarde zufolge bisher Stückwerk geblieben. Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) übernehme einen Teil der Aufgaben in der EU, aber sie sei nicht wirklich einheitlich. "Die Aufsicht bleibt weitgehend auf nationaler Ebene, wodurch die Anwendung der EU-Vorschriften fragmentiert wird. Tatsächlich sind die Durchsetzungsbefugnisse oft auf mehrere nationale Regulierungsbehörden aufgeteilt" bemängelte Lagarde.
Die Schaffung einer europäischen Börsenaufsichtsbehörde, zum Beispiel durch Ausweitung der Befugnisse der ESMA, könnte Lagarde zufolge die Lösung sein. "Sie bräuchte ein breit gefächertes Mandat, das auch eine direkte Beaufsichtigung einschließt, um die von großen grenzüberschreitenden Unternehmen und Marktinfrastrukturen wie den zentralen Gegenparteien in der EU ausgehenden systemischen Risiken zu mindern."
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November 17, 2023 04:16 ET (09:16 GMT)
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