LUXEMBURG (dpa-AFX) - Bundesfischereiminister Cem Özdemir hat Moskau scharf für das Handeln russischer Fischer in der Ostsee kritisiert. Russland trete die Prinzipien der Gemeinschaft mit Füßen, sagte er am Rande eines Treffens mit seinen EU-Amtskolleginnen und -kollegen in Luxemburg. "Wir wissen, dass die Fischerei, wie sie Russland praktiziert, sich dramatisch auf die Bestände auswirkt", sagte der Grünen-Politiker. So werde etwa Dorsch während der Laichzeit gefangen, was allen Grundsätzen einer vernünftigen Fischerei widerspreche.
Vielen Fischbeständen in der Ostsee geht es aus mehreren Gründen schlecht. EU-Fischer müssen sich deswegen an Vorgaben halten, wie viel Fisch sie maximal aus der Ostsee ziehen dürfen. Russische Flotten müssen sich hingegen nicht an diese Vorgaben halten. "Beim Ostdorsch fischt die russische Flotte inzwischen den größten Teil des Gesamtfangs", sagte der Leiter des Thünen-Instituts für Ostseefischerei in Rostock, Christopher Zimmermann. Angesichts steigender Anteile Russlands bei bestimmten Beständen komme es "fast sicher zu einer Überfischung". Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gibt es auch keinen offiziellen Austausch mehr darüber, wie viel Fisch russische Schiffe aus der Ostsee ziehen.
Forderung nach Sanktionen
Eine EU-Diplomatin sagte, dass viele EU-Staaten Russlands Fischereiaktivitäten in der Ostsee bei der Vorbereitung des Ministertreffens angesprochen hätten. Eine Reihe von Mitgliedstaaten fordere Sanktionen gegen russische Lebensmittelprodukte, so die Diplomatin. Neben klassischen Sanktionen, die einstimmig beschlossen werden müssen, könnte die EU auch höhere Zölle auf russische Fischereiprodukte beschließen. Dafür bräuchte es die Zustimmung von 55 Prozent der EU-Staaten, die 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren.
Özdemir zeigte sich offen für höhere Zölle. Er begrüße, dass sich die EU-Staats- und Regierungschefs jüngst dafür ausgesprochen hatten, etwa durch Einfuhrzölle auf russische Agrarerzeugnisse Russlands Fähigkeit zur Kriegsführung weiter einzuschränken, so der Minister./mjm/DP/nas