
DJ MARKT-AUSBLICK/"Schuss aus dem Dunkeln" ist jederzeit möglich
DOW JONES--Auf eine weitere Handelswoche mit angehaltenem Atem stellen sich Marktteilnehmer nach Ostern ein. Die Börsen sehnen sich nach nichts mehr als klaren Signalen, langfristig verlässlichen Regeln und einem stabilen Korsett für die Weltwirtschaft - nichts davon gibt es zur Zeit.
Mit seinem Zollchaos hat US-Präsident Donald Trump die Welt in Raum und Zeit in Unordnung gebracht: Handelsströme zwischen den Wirtschaftsblöcken sind nun schwerer planbar und das Bestellverhalten der Unternehmen hat sich verändert. Dies zeigt sich in ungewöhnlich guten Unternehmenszahlen aus der beginnenden Berichtssaison oder Exportzahlen aus China, die dreimal höher als erwartet waren. Alle sind jedoch nur von zeitlichen Vorzieheffekten und Lageraufbau gekennzeichnet. Kunden wollten ihre Waren unbedingt noch haben, bevor die US-Zölle in Kraft treten. Dummerweise bedeutet dies auch, dass ihre Nachfrage in künftigen Quartalen ausfallen wird.
Kommende Woche steht am Donnerstag schon die erste Zahlenflut der Berichtsaison an. Hier geht es quer durch alle Branchen von defensiven Nahrungsmittelwerten wie Nestle, über Autotitel wie Tesla bzw. Sektoren wie Rüstung, Pharma und vielen anderen. Normalerweise würde Fondsmanagern so etwas reichen, um ein erstes Bild der Gewinnsituation zu bekommen. Diesmal jedoch nicht, denn die meisten Unternehmen haben sich angewöhnt, ihre Ausblicke "ex Zoll-Einfluss" zu geben. Damit spiegeln sie nicht die Realität.
Regeln der US-Regierung können sich über Nacht ändern
Zudem ist selbst auf das Wort der US-Regierung kein Verlass. So mussten zum Beispiel Nvidia und AMD bitter erfahren, dass selbst den für den China-Export angepassten Chips neue Exportregeln auferlegt werden können. Bei Nvidia allein wurden auf einen Schlag 5,5 Milliarden Dollar Rückstellungen erforderlich. Vorwarnungen gab es nicht, Investoren mussten über Nacht die neue Realität einpreisen, was Nvidia zeitweise über 10 Prozent einbrechen ließ und den Technologiesektor mit nach unten zog.
Schuss aus dem Dunkeln jederzeit möglich - Kein "Powell-Put" als Stütze
Auf einen "Schuss aus dem Dunkeln" müssen sich Investoren daher in den kommenden Wochen jederzeit und aus jeder denkbaren Richtung einstellen. Ob es Kommentare von Einzelpersonen aus dem Trump-Umfeld oder Signale aus China sind, Überraschungen bei Verhandlungen über Ukraine oder Iran, Gewinnwarnungen von Unternehmen oder schlechte Konjunkturdaten - möglich ist alles.
Und auf eine US-Notenbank als letzte Kursstütze dürfen sich Anleger nicht berufen: Denn Fed-Präsident Jerome Powell machte unmissverständlich klar, dass die Märkte mit ihrer aktuellen Volatilität "funktionieren", sie würden die aktuelle Unsicherheit damit korrekt einpreisen. Gleichzeitig betonte er ungewöhnlich deutlich die Aufgabe der Notenbank, die Inflation zu bekämpfen. Und diese werde nun einmal von den US-Zöllen nach oben getrieben. Die Markthoffnung auf einen billigen "Powell-Put", also automatische Zinssenkungen bei fallenden Kursen, wurde damit zerschlagen.
Massive Absicherungen über Ostern
Übrig bleibt Investoren daher nur die Absicherung: Gerade über die Oster-Feiertage ist mit massiven Hedges an den Börsen zu rechnen. Das Schlagzeilen- und Event-Risiko über die Urlaubstage ist enorm. Der Vertrauensverlust in den US-Dollar zeigt sich in der Flucht in Gold, bei Aktien in den Absicherungsprämien für Optionen: Beim DAX kam dessen Messlatte, der VDAX-Index, zwar etwas zurück von seinem panischen Dreijahreshoch, notiert mit über 26 Prozent aber doppelt so hoch wie im vergangenen Frühjahr. "Allein für die Handelstage nächste Woche sind damit DAX-Schwankungen von 800 Punkten in jede Richtung eingepreist", sagt ein Optionshändler. Sicherlich ein Paradies für Trader, aber nichts für Anleger.
Sie dürften sich auf die zahlreichen Konjunkturindikatoren der kommenden Woche und auf die langfristigen Aspekte der US-Zölle konzentrieren. Vor allem die frischen Einkaufsmanagerindizes (PMI) rund um den Globus stehen hier im Blick. Dazu kommt auch der neue Ausblick für die Weltwirtschaft durch den IWF samt Tagung der Weltbank und dem Finanzstabilitätsbericht. In Deutschland wird auf den Ifo-Index geblickt - alles natürlich unter Vorbehalt und mit Blick auf die Stimmungsschwankungen von Donald Trump.
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April 17, 2025 05:35 ET (09:35 GMT)
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