
Mit Wertpapierkredit flexibel finanzieren - Depot bleibt erhalten, Liquidität sofort verfügbar.
Ein Wertpapierkredit ist eine oft unterschätzte Finanzierungsmöglichkeit, die Anlegern einen schnellen Zugang zu Liquidität bietet, ohne dass sie ihre Wertpapiere verkaufen müssen. Besonders bekannt ist der sogenannte Lombardkredit. Dabei handelt es sich um eine Sonderform des Wertpapierkredits, der von Banken gegen Verpfändung von börsengehandelten Vermögenswerten gewährt wird. Aber wie funktioniert ein Wertpapierkredit eigentlich genau?
Was ist ein Wertpapierkredit?
Ein Wertpapierkredit (auch Effekten- oder Depotdarlehen genannt) ist ein spezieller Kredit, bei dem ein Anleger seine Wertpapiere - wie beispielsweise Aktien, Anleihen oder Fondsanteile - als Sicherheit hinterlegt. Die Bank gewährt daraufhin einen Kreditrahmen, der je nach Risikoeinstufung der hinterlegten Papiere zwischen 50 und 90 Prozent des Depotwerts beträgt.
Vorteile eines Wertpapierkredits:
- Kein Verkauf der Wertpapiere nötig: Anleger müssen keine Anteile veräußern und können weiterhin von möglichen Kurssteigerungen profitieren.
- Schnelle Verfügbarkeit: Die Kreditvergabe erfolgt oft innerhalb weniger Tage, da keine langwierige Bonitätsprüfung (wie bei klassischen Krediten) nötig ist.
- Flexible Nutzung: Das Geld kann frei verwendet werden - sei es für weitere Investitionen, Immobilienkäufe oder kurzfristige Liquiditätsengpässe.
- Günstigere Zinsen als bei Privatkrediten: Da die Bank durch die hinterlegten Wertpapiere abgesichert ist, sind die Zinsen meist niedriger als bei einem regulären Kredit.
Die potentiellen Nachteile:
- Beleihungsgrenze: Nicht alle Wertpapiere werden voll angerechnet - riskante Einzelaktien werden oft nur zu 50 bis 60 Prozent belehnt, während Staatsanleihen in der Regel höher bewertet werden.
- Nachschusspflicht bei Kursverlusten: Fallen die Kurse der hinterlegten Papiere stark, kann die Bank eine Nachbesicherung verlangen (der sogenannte Margin Call).
- Zinsänderungsrisiko: Die variable Verzinsung kann bei steigenden Zinsen teurer werden.
Wie funktioniert ein Wertpapierkredit?
Ein Wertpapierkredit bietet Anlegern die Möglichkeit, liquide Mittel zu erhalten, ohne ihre Wertpapiere verkaufen zu müssen. Aber wie läuft die Kreditvergabe konkret ab?
Schritt 1: Depotprüfung und Beleihungswertfestlegung
Die Bank bewertet zunächst das hinterlegte Depot und ermittelt, welche Wertpapiere sich als Sicherheit eignen. Dabei gelten unterschiedliche Beleihungssätze (meist zwischen 50 und 90 Prozent des aktuellen Marktwerts), abhängig von:
- Art der Wertpapiere:
- Aktien großer Blue-Chip-Unternehmen (zum Beispiel DAX-Konzerne): oft 60 - 80 Prozent
- ETF und breit gestreute Fonds: bis zu 80 Prozent
- Staatsanleihen mit Top-Bonität (beispielsweise Deutschland und USA): bis zu 90 Prozent
- Spekulative Einzelwerte oder Small Caps: unter 50 Prozent (oder gar keine Beleihung)
- Marktvolatilität: Bei sehr unsicheren Bedingungen (beispielsweise globale Krisen) können Banken die Beleihungsgrenzen kurzfristig senken.
Schritt 2: Kreditrahmen und Auszahlung
Der maximale Kreditbetrag ergibt sich aus der folgenden Formel: Beleihungswert = Depotwert × Beleihungssatz
Dazu ein Beispiel zur Verdeutlichung:
- Depotwert: 200.000 Euro
- Durchschnittlicher Beleihungssatz: 70 Prozent
- Verfügbarer Kreditrahmen: 140.000 Euro
Gut zu wissen: Der Kreditnehmer kann den Betrag flexibel abrufen (als Einmalauszahlung oder in Teilbeträgen) und zahlt nur Zinsen auf die tatsächlich genutzte Summe.
Schritt 3: Besicherung und Laufzeit
- Keine feste Laufzeit: Wertpapierkredite sind meist revolvierend (sprich sie können beliebig oft genutzt und zurückgezahlt werden).
- Zinszahlung: Die Zinsen werden monatlich oder quartalsweise fällig und sind oft variabel.
- Sicherheitsanpassung: Die Bank überwacht laufend den Depotwert. Sinken die Kurse, kann sie eine Nachbesicherung verlangen (Margin Call).
Der Lombardkredit: Eine besondere Form des Wertpapierkredits
Der Begriff Lombardkredit stammt aus dem italienischen Bankwesen (Stichwort Lombardei) und bezeichnet einen besicherten Kredit gegen die Verpfändung von Wertpapieren. Heute wird der Terminus oft synonym mit Wertpapierkredit verwendet - allerdings mit einigen Besonderheiten:
Merkmale eines Lombardkredits:
- Kürzere Laufzeit: Meist nur für kurzfristige Finanzierungen geeignet (Wochen bis maximal wenige Jahre).
- Höhere Beleihungswerte: Nur bei sehr sicheren Papieren (beispielsweise Blue-Chip-Aktien oder Bundesanleihen) sind bis zu 90 Prozent möglich.
- Schnelle Abwicklung: Besonders bei Privatbanken und Vermögensverwaltern verbreitet.
Einsatzgebiete:
- Börsenspekulation: Trader nutzen Lombardkredite oft für Hebelgeschäfte.
- Steuerstundung: Anleger vermeiden Verkäufe und damit Kapitalertragssteuer.
- Brückenfinanzierungen: Kurzfristige Liquidität vor einer Immobilienfinanzierung.
Risiken und Fallstricke
Trotz der verschiedenen Vorteile und der damit verbundenen Flexibilität gibt es einige Risiken, die man als Anleger kennen sollte:
1. Margin Calls - Die gefürchtete Nachschusspflicht
Fallen die Kurse der hinterlegten Wertpapiere stark, kann der Beleihungswert unter die eigentliche Kreditsumme sinken. Die Bank fordert dann eine Nachbesicherung:
- Option 1: Der Kreditnehmer zahlt Geld nach oder bringt zusätzliche Wertpapiere ein.
- Option 2: Die Bank verkauft automatisch Teile des Depots (Zwangsveräußerung) - und das nicht selten zum ungünstigsten Zeitpunkt.
Beispiel:
- Kreditsumme: 100.000 Euro
- Depotwert sinkt von 150.000 auf 120.000 Euro
- Beleihungssatz: 70 Prozent → Neuer Beleihungswert: 84.000 Euro
- Die Bank fordert eine dementsprechende Nachbesicherung von 16.000 Euro.
2. Zinsänderungsrisiko
- Die meisten Wertpapierkredite haben variable Zinsen. Steigen die Leitzinsen (beispielsweise durch Beschlüsse der EZB), werden auch die Kreditkosten teurer.
- Lösung: Einige Banken bieten Zinscaps (Höchstgrenzen) oder Fixzins-Optionen an - allerdings häufig zu deutlich schlechteren Konditionen.
3. Konzentrationsrisiko im Depot
- Ein Depot mit nur wenigen Einzelaktien ist riskanter als ein breit gestreutes Portfolio. Bei einem Kurssturz (zum Beispiel bei einer Unternehmenskrise) kann der Beleihungswert rapide sinken.
- Tipp: Eine bessere Diversifikation reduziert das Margin-Call-Risiko zum Teil enorm.
4. Steuerliche Fallstricke
- Kein Verkaufsdruck = Keine Steuern: Auf den ersten Blick ein potentieller Vorteil - allerdings fallen bei einer Zwangsveräußerung trotzdem Kapitalertragssteuern an.
- Zinsen als Kosten absetzbar? Für Privatanleger in der Regel nicht (nur bei gewerblichen Depots teilweise möglich).
Fazit: Für wen lohnt sich ein Wertpapierkredit?
Ein Wertpapierkredit eignet sich vor allem für Anleger, die kurzfristig Kapital benötigen, ohne ihr Depot dafür auflösen zu müssen. Besonders attraktiv ist diese Darlehensart dementsprechend für:
- Langfristige Investoren, die Steuern sparen wollen.
- Unternehmer und Selbstständige, die flexibel Liquidität abrufen müssen.
- Trader, die mit Hebeleffekten arbeiten.
Allerdings sollte man sich der Risiken bewusst sein und nur so viel aufnehmen, wie im Notfall auch zurückgezahlt werden kann. Ein gut geplantes Risikomanagement ist also entscheidend, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden. Und noch ein abschließender Hinweis: Die genauen Konditionen können je nach Bank teilweise sehr stark variieren - daher empfiehlt sich vorab ein ausführlicher Vergleich der verschiedenen Anbieter.
Enthaltene Werte: DE0009653386
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