
Als die SPD mit Olaf Scholz 2021 überraschend die Bundestagswahl gewann, galt der damalige Generalsekretär Lars Klingbeil als Wahlkampfgenie. Dreieinhalb Jahre später perlt die dramatische Niederlage der SPD von ihm ab wie der Regen an einer frisch polierten Autoscheibe. Klingbeil hat als Parteichef seit Ende 2021 seinen Machtbereich abgesichert.
Gravierender ist, wohin er die SPD inhaltlich führt. Die "Verantwortung für Deutschland" - so der Titel des Koalitionsvertrags mit der Union - gebietet es den Sozialdemokraten offenbar, Merz und Söder den Weg für ihr rechtskonservatives Projekt zu ebnen. Zwar möchte die SPD die Hartz-Ära lieber vergessen als aufarbeiten, trägt jetzt aber den Rückbau des Bürgergelds in ein verschärftes Druckmittel gegen Langzeitarbeitslose mit. Bei den uferlosen Milliarden für Rüstung und Bundeswehr ist Klingbeils Partei sowieso dabei und hat es sogar fertiggebracht, mit Militärminister Pistorius einen Publikumsliebling aufzubauen - der im Gegensatz zu anderen Parteifreunden im Amt bleiben darf. Und bei der Migrations- und Asylpolitik hat die SPD der Union Verschärfungen zugestanden, die Merz noch im Januar erfolglos mit AfD, FDP und BSW durchsetzen wollte. Das relativiert, ja konterkariert alle Bekenntnisse aus den letzten Tagen, man müsse die AfD vor allem inhaltlich bekämpfen.
In dem Arbeiterlied "Wann wir schreiten Seit' an Seit'", das jahrzehntelang zum Abschluss von SPD-Parteitagen gesungen wurde, heißt es ganz am nur wenig bekannten Ende: "Mit uns zieht ein neuer Geist." Klingbeils neuer Geist ist einer, der den Konservativen in Deutschland sehr gefallen wird. Sozialdemokratische Verantwortung für Deutschland sähe anders aus.
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