
Weißer Rauch schon kurz nach 18 Uhr am zweiten Tag des Konklaves: Schon mit dieser außerordentlich schnellen Entscheidung bereits im vierten Wahlgang haben die Kardinäle der katholischen Kirche ihren unbedingten Willen zum Zusammenhalt bekundet. "In diesem einen", nämlich in Christus, seien "die Vielen eins", das war der bisherige bischöfliche Wahlspruch von Robert Francis Kardinal Prevost, dem neuen Papst Leo XIV.
Mit ihm haben die Kardinäle jemanden gefunden, dem tatsächlich zuzutrauen ist, nach den scharfen Auseinandersetzungen um den Kurs des verstorbenen Papstes Franziskus zu einem wenigstens erträglichen Miteinander zu finden. Und sie haben ganz gewiss keinen Übergangskandidaten gewählt. Der erste US-Amerikaner auf dem Stuhl Petri ist mit 69 Jahren nach den Maßstäben der katholischen Hierarchie ein recht junger Mann. Er hat Aussichten auf ein langes Pontifikat und damit auf eine lange Zeit des mäßigenden Einwirkens.
Schon mit seiner Namenswahl hat der bisherige Kardinal Prevost ein subtiles Doppel-Signal gesetzt: Einerseits knüpft er - anders als Vorgänger Franziskus mit seinem damals radikal neuen Papstnamen - an eine uralte römische Namenstradition an, die mit dem Kirchenlehrer Leo dem Großen im 5. Jahrhundert begann. Andererseits erinnert er damit an Leo XIII., den großen Sozialpapst des 19. Jahrhundert, und verweist so auf eines der zentralen Anliegen von Franziskus: das soziale Engagement der Kirche.
Leo XIV. tritt sein Amt in einer Kirche an, in der tiefe theologische Differenzen teilweise parallel zu kulturellen Gräben verlaufen. Franziskus hatte mit oft einsamen Entscheidungen versucht, einen Weg durch diese zerklüftete Glaubenslandschaft zu finden. Prevost will nun, wie es der Wortbedeutung des lateinischen Titels Pontifex entspricht, Brücken über die Risse bauen. Als US-Amerikaner mit langjähriger Erfahrung in Peru und späterer Position als Chef des vatikanischen Bischofsdikasteriums stellt er schon in seiner eigenen Person wichtige Verbindungen her: zwischen Nord und Süd, zwischen Ortskirchen und römischer Zentrale. Auch die Ultrakonservativen unter den Mitgliedern der US-Bischofskonferenz kaum umhinkönnen, ihrem Landsmann Prevost gegenüber ein freundliches Gesicht zu zeigen - wenngleich der mit ihnen wenig gemein hat. Und erst recht nicht mit dem ach so christlichen Präsidenten Donald Trump.
Eine Abkehr vom Weg der Reformen wird mit Leo XIV. nicht zu machen sein, nicht mit einem Geistlichen, der schon in einigen seinen ersten Sätzen als Papst seinem Vorgänger Franziskus unter großem Beifall dankte und sich zur Synodalität bekannte. Leo dürfte moderater auftreten als Franziskus und versuchen, auch solche Geistlichen und Laien mitzunehmen, die unter Franziskus nicht mitgehen wollten. Er hat jede Menge Zeichen des guten Willens gesetzt und muss hoffen, dass sie erwidert werden.
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