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Ein auf offener Straße erschossener Vorstand, die erste Gewinnwarnung - nun die zweite und der Rücktritt des amtierenden Vorstandsvorsitzenden: Anleger der Aktie des US-Krankenversicherers UnitedHealth wollte man in den vergangenen Wochen nicht sein. Hat sich das nach dem 50-Prozent-Crash der Aktie geändert?
Von links unten nach rechts oben? Das war einmal!
Die Anteile des sowohl nach Zahl der Versicherten als auch der Marktkapitalisierung größten Krankenversicherers der Welt galten lange als schier unverwüstlicher Kursgarant.
UnitedHealth war angesichts von Kursgewinnen von mehr als 10.000 Prozent in den vergangenen 30 Jahren das beste Beispiel für eine sogenannte Links-unten-nach-rechts-oben-Aktie, also ein Wertpapier, das bedenkenlos fast zu jedem Einstiegszeitpunkt gekauft werden konnte. In dieser Funktion trug es aufgrund seiner hohen Indexgewichtung auch maßgeblich zur starken Performance des US-Leitindex Dow Jones bei.
Die schlechten Nachrichten reißen nicht ab
Doch in diesem Jahr scheint für das Unternehmen und seine Aktie alles schief zugehen, was schief gehen kann. Die Ermordung des Vorstands der UnitedHealthcare-Tochter sorgte nicht für Solidarisierung mit dem Unternehmen, sondern eine Welle der Empörung gegenüber den fragwürdigen Abrechnungspraktiken von UnitedHealth.
Explodierende Behandlungskosten sorgten anschließend für eine erste Gewinnwarnung - in Reaktion auf die Kritik auch von US-Präsident Donald Trump hat UnitedHealth seine Abrechnungspraxis offenbar zugunsten der Versicherten angepasst. Am Dienstag dann die nächste Horrormeldung: Die Prognose für 2025 wurde komplett gestrichen, der amtierende CEO Andrew Witty zieht überraschend den Hut.
Jetzt den Crash kaufen oder die Finger lieber weglassen?
Gegenüber ihrem Allzeithoch bei 630,73 US-Dollar hat sich die Aktie inzwischen mehr als halbiert. Das Minus gegenüber dem Jahresanfang beträgt für einen Dow-Jones-Wert indiskutable 38,5 Prozent. Ist das schon eine Einstiegschance oder noch der berüchtigte Griff ins fallende Messer?
KGV 15? Darüber kann aktuell nur spekuliert werden!
Eine fundamentale Bewertung des zuletzt mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 12,2 bewerteten Unternehmens (Fünfjahresdurchschnitt: 20,6) fällt aktuell schwierig, denn die Prognose wurde nicht wie im Rahmen des letzten Quartalsberichtes gesenkt, sondern komplett kassiert. UnitedHealth teilte lediglich mit, man werde im nächsten Jahr wieder zum Wachstum zurückkehren.
In einer am Mittwochmorgen veröffentlichten Studie der Bank of America erwartet Analystin Joanna Gajuk, dass das Unternehmen seinen Ausblick erneut um 10 bis 20 Prozent kürzen wird, sodass das Gewinnergebnis um 21 bis 29 Prozent unter den ursprünglich angestrebten Jahreszielen liegen wird.
Ursprünglich lag das pro Aktie angestrebte Gewinnergebnis bei 28,40 US-Dollar, ein Abschlag von 29 Prozent würden 20,16 US-Dollar und damit ein KGV von etwa 15 bedeuten, was einen deutlichen Abschlag gegenüber dem historischen Mittelwert gleichkäme. Dafür aber dürfte nichts mehr schief gehen.
Keine Spur mehr von der einstigen Stärke
Von technischer Seite aus ist die Lage genauso desaströs, wie man es nach einem 50-Prozent-Crash erwarten würde. Alle relevanten Unterstützungen nicht nur der vergangenen Monate, sondern gleich Jahre sind unterschritten worden. Zuletzt war der Kurs der Aktie vor viereinhalb Jahren so niedrig.
Gleich zwei riesige Kurslücken bestimmen das Chartbild und verdeutlichen den gewaltigen Verkaufsdruck in den vergangenen Wochen. Üblicherweise dienen solche zwar als Kursmagneten, sodass sie zeitnah geschlossen werden. Das ist aber schon aufgrund der gewaltigen Entfernung insbesondere zu der Kurslücke knapp unterhalb von 600 US-Dollar schier ausgeschlossen.
Extremniveau erreicht: RSI historisch niedrig
Auch die technischen Indikatoren lassen alle Alarmglocken klingeln. Gemeinsam mit der Aktie sind sowohl der Relative-Stärke-Index (RSI) als auch der Trendstärkeindikator MACD auf Mehrjahrestiefs gefallen, was das Tief in der Aktie technisch bestätigt. Gleichzeitig offenbart sie eine enorm hohe Schwäche.
Der RSI ist auf Tagesbasis auf 14,8 Punkte gefallen. Das ist ein Extremwert, wie er in Blue-Chip-Aktien nur alle paar Jahre oder gar Jahrzehnte vorkommt. Zuletzt war der RSI bei UnitedHealth auf dem Höhepunkt der Finanzkrise vergleichbar niedrig.
Wenngleich die Aktie damals noch eine Weile Schwierigkeiten hatte, wieder in Fahrt zu kommen, gelang ihr ausgehend von diesem Extremniveau eine zwischenzeitliche Kurserholung um 50 Prozent. Das deutet daraufhin, dass die Aktie jetzt ebenfalls zu einer Zwischenerholung ansetzen könnte.
Erst Erholung, dann weiter nach unten? Der RSI gibt das her
Die Betonung liegt in diesem Fall auf "Zwischen", denn auf Wochen- und Monatsbasis bietet der RSI mit 28 und 33 Zählern weiteren Abwärtsspielraum. Die Aktie könnte mittelfristig also noch ihre mehrjährige Supportzone zwischen 285 und 300 US-Dollar testen, ehe eine nachhaltige Bodenbildung einsetzt.
Neben dem kurzfristig extrem überkauften RSI spricht mit dem unteren Bollinger Band ein weiteres Indiz für eine Gegenbewegung. Von hier aus starten, wenn die Aktie nicht noch nach unten herausfallen sollte, recht zuverlässig Erholungen. Trotz oder gerade wegen der ausgeprägten Schwäche der Aktie ist die Situation also nicht vollkommen hoffnungslos.
Fazit: Buy on bad news? Das könnte kurzfristig funktionieren!
Für ebenso mutige wie risikoaffine Anlegerinnen und Anleger bietet der Crash der UnitedHealth-Aktie eine Trading-Chance. Es muss angesichts der ausgeprägten technischen Schwäche sowie der derzeit unübersichtlichen Geschäftslage aber sowohl der kurzfristige als auch der spekulative Charakter dieser Wette unterstrichen werden.
Wer hier einsteigt, sollte über ein straffes Risikomanagement verfügen und sich nach der erhofften Erholung mit einem Stopp-Loss auf Einstandsniveau absichern. Das gilt erst recht für den Call-Optionsschein UG616A, der hohe Erholungsgewinne ermöglicht.
UG616A verfügt über einen Basispreis von 325,00 US-Dollar. Das ist der niedrigste, derzeit verfügbare. Die Laufzeit bis zum 14. Januar 2026 bietet unterdessen ausreichend viel Zeit, eine Erholung auch erst im zweiten oder dritten Anlauf gelingen zu lassen. Der effektive Hebel (Omega) liegt derzeit bei 4, wodurch sich für einige beispielhafte Fälle folgendes Auszahlungsprofil ergibt:
Doch Vorsicht: Sollte UnitedHealth zum Laufzeitende unterhalb von 325,00 US-Dollar notieren, verfällt UG616A wertlos. Es besteht also Totalverlustgefahr. Daher sollte die Position spätestens dann aufgelöst werden, wenn die Aktie auch ihren Supportbereich zwischen 285 und 300 US-Dollar unterschritten haben sollte. In diesem Fall wäre ein Einstieg mit einem neuen Produkt weiter unten zu versuchen.
Gastautor: Max Gross
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