
BERLIN (dpa-AFX) - Die Befürworter eines Parteiverbotsverfahrens gegen die AfD bewegen sich aus Sicht von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt argumentativ auf dünnem Eis. Es sei falsch zu glauben, mit dem Gutachten des Verfassungsschutzes zur Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch habe man nun ausreichend Material für ein solches Verbot in der Hand, sagte Dobrindt bei der Vorstellung der Jahresstatistik zur politisch motivierten Gewalt in Berlin. Jenen, die sagten, "wenn es so ein Gutachten gibt, dann kann man sich doch darauf berufen und dann ein entsprechendes Verbotsverfahren anstrengen", halte er entgegen: "Dafür ist dieses Gutachten nicht ausreichend."
Gutachten wurde nicht für ein Verbotsverfahren erstellt
Denn das für die neue Einstufung erstellte Gutachten beschäftige sich primär mit der Frage, ob die AfD gegen das Prinzip der Menschenwürde verstoße, erklärte Dobrindt. In einem Verbotsverfahren müssten aber noch zwei weitere Elemente betrachtet werden: Liegt ein Angriff auf den Rechtsstaat vor, und gibt es einen Angriff auf die Demokratie? Dazu sage aber dieses Gutachten nichts.
Die Rufe nach der Einleitung eines Verbotsverfahrens waren lauter geworden, nachdem das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD Anfang Mai zur "gesichert rechtsextremistischen Bestrebung" hochgestuft hatte. Dagegen setzt sich die Partei mit einem Eilantrag zur Wehr. Bis zu einer Entscheidung des zuständigen Verwaltungsgerichts Köln hat der Inlandsgeheimdienst die neue Einstufung auf Eis gelegt und führt die AfD daher erst einmal weiter nur als sogenannten Verdachtsfall.
Bundestag dürfte Verbotsantrag stellen
Über ein Parteiverbot müsste auf Antrag von Bundesregierung, Bundestag oder Bundesrat das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Für ein Verbot reicht es nicht aus, dass eine Partei verfassungsfeindliche Meinungen vertritt. Sie muss diese auch aktiv und aggressiv-kämpferisch verfolgen. Zudem muss das Erreichen dieser verfassungsfeindlichen Ziele zumindest möglich erscheinen.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hatte am Wochenende bekräftigt, dass er - anders als Bundeskanzler und CDU-Parteichef Friedrich Merz - ein solches Verfahren für dringend geboten hält. "Es ist meine feste Überzeugung, dass ein Staat sich selbst schützen muss", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Allerdings könnte er über den Bundesrat selbst darauf hinwirken. Auch der Grünen-Co-Vorsitzende Felix Banaszak sprach sich deutlich für ein Verbotsverfahren aus: Dieser Weg sei wichtig, "bevor es zu spät ist"./abc/DP/stw