Zürich (ots) -
Eine breite Wirtschaftsallianz setzt sich dafür ein, dass kantonale Mindestlöhne die von Sozialpartnern ausgehandelten und vom Bund für allgemeinverbindlich erklärten Mindestlöhne nicht aushebeln. Derzeit geschieht dies in den Kantonen Neuenburg und Genf. Das Parlament berät eine Änderung des Bundesgesetzes über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen AVEG (24.096), welche solche Eingriffe unterbindet und die Zukunft der Gesamtarbeitsverträge sicherstellt.
Mindestlöhne in allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen (ave GAV) sollen Vorrang vor kantonalen Mindestlöhnen haben. Das empfiehlt die Kommission für Wirtschaft und Abgaben dem Nationalrat. Damit will sie die Motion Ettlin "Sozialpartnerschaft vor umstrittenen Eingriffen schützen" (20.4738) umsetzen. Urs Furrer, Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes sgv, sieht dadurch die Sozialpartnerschaft gestärkt: "Gesamtarbeitsverträge benötigen den Rückhalt der Verbandsmitglieder. Indem die Gewerkschaften Verhandlungsergebnisse auf politischem Weg übersteuern, gefährden sie diese Unterstützung massiv."
Der Vorrang von ave GAV ist verfassungskonform
29 Wirtschaftsverbände setzen sich gemeinsam für den Vorrang von Mindestlöhnen in ave GAV ein. Ein Rechtsgutachten von Prof.Dr. Isabelle Häner (https://gastrosuisse.ch/assets/de/verband/positionen/vernehmlassungen/gutachten-haener-mindestloehne.pdf) zeigt klar auf, dass die verfassungsrechtlichen Bedenken der Gegenseite unzutreffend sind. Die Bundesverfassung begründe nach Lehre und Rechtsprechung in diesem arbeitsrechtlichen Bereich eine umfassende Gesetzgebungskompetenz zugunsten des Bundes. Wenn der Bund ein Gesetz erlässt, entfällt die kantonale Kompetenz. Beat Imhof, Präsident von GastroSuisse, relativiert: "Die Kantone behalten ihre Kompetenz, Mindestlöhne zu erlassen, wo allgemeinverbindliche Gesamtarbeitsverträge keine Mindestlöhne vorsehen." Demokratiepolitisch fragwürdig ist hingegen die Zwängerei der Mindestlohn-Initianten. Die Schweizer Stimmbevölkerung stimmte im Jahr 2014 mit 76,3 % klar gegen einen staatlichen Mindestlohn. Nur eine einzige Gemeinde sprach sich damals knapp dafür aus. Zudem lehnten die Kantone Genf, Waadt und Wallis im Jahr 2011 bzw. 2014 bereits einen kantonalen Mindestlohn ab. In diesen Kantonen entschied oder entscheidet die Stimmbevölkerung innerhalb kurzer Zeit dreimal über einen Mindestlohn. Unterdessen gilt im Kanton Genf ein kantonaler Mindestlohn.
Allgemeinverbindliche Gesamtarbeitsverträge schützen vor Lohndumping
Ave GAV bieten einen umfassenden Schutz für alle Arbeitnehmenden einer Branche, einschliesslich entsandter Angestellter. Sie fördern das Prinzip "gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort". Kantonale Mindestlöhne hingegen gelten nicht für ausserkantonale und ausländische Entsandte. Nur Mindestlöhne in ave GAV schützen folglich umfassend vor Lohndumping. Der umfassendere Geltungsbereich von ave GAV erklärt auch, weshalb Gewerkschaften im Rahmen der Bilateralen III mehr ave GAV als zusätzlichen Lohnschutz fordern. Somit anerkennen sie selbst die begrenzte Wirksamkeit kantonaler Mindestlöhne. Staatliche Mindestlöhne schaden auch dem Bildungssystem. Ein Einheits-Mindestlohn reduziert den Anreiz, sich aus- und weiterzubilden, da die Bildung weniger lohnrelevant ist. Abgestufte Mindestlöhne in ave GAV berücksichtigen die Ausbildung, die Berufsart oder die Erfahrung. Solche Branchen-Mindestlöhne für ausgebildetes Personal liegen deutlich über kantonalen Mindestlöhnen. Ein Vorrang kantonaler Mindestlöhne führt zu einer Nivellierung der Löhne und schadet damit der Berufsbildung.
Ein kantonaler Mindestlohn führt nicht aus der Sozialhilfe
Laut dem Bundesamt für Statistik (https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/soziale-sicherheit/sozialhilfe.assetdetail.33346054.html) gelang es im Jahr 2023 einem Viertel der Sozialhilfebezügerinnen und -bezügern, durch die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit unabhängig von der Sozialhilfe zu werden. Die Sozialhilfequote sinkt auch in den Kantonen mit einem kantonalen Mindestlohn und einem Vorrang von ave GAV. Anders stellt sich die Situation in den beiden Kantonen Genf und Neuenburg dar, die den Mindestlöhnen in ave GAV keinen Vorrang einräumen: Während die Sozialhilfequote in Neuenburg seit der Einführung des kantonalen Mindestlohns abgenommen hat, ist sie in Genf gestiegen. Die Statistik zeigt auch, dass die Sozialhilfequote im Kanton Neuenburg hauptsächlich wegen der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit sinkt und nicht infolge gestiegener Löhne. Die Annahme, Mindestlöhne würden erwerbstätige Sozialhilfeempfänger aus der Armut führen, greift zu kurz. In der Schweiz sind "Working Poor" in der Regel nicht vollständig arbeitsfähige Personen. Sie bleiben vor allem wegen eines eingeschränkten Arbeitspensums auf Sozialhilfe angewiesen. Gesundheitliche Probleme, psychische Belastungen oder familiäre Verpflichtungen hindern sie daran, mehr zu arbeiten. Die Verbesserung der Arbeitsfähigkeit erfordert gezielte Massnahmen wie die Förderung der psychischen Gesundheit und finanzierbare KITA-Angebote (vgl. Bericht: Sozialhilfe in Schweizer Städten: Die Kennzahlen 2023 im Vergleich (https://staedteverband.ch/cmsfiles/bericht_sozialhilfe_ch_staedte_kennzahlen_2023_de.pdf?v=20250522122818)).
Pressekontakt:
Urs Furrer, Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes sgv, Tel. 079 215 81 30, u.furrer@sgv-usam.ch
Beat Imhof, Präsident GastroSuisse, Tel. 079 773 29 15, beat.imhof@gastrosuisse.ch
Severin Hohler, Leiter Politik und Wirtschaft GastroSuisse, Tel. 044 377 52 50, severin.hohler@gastrosuisse.ch
Original-Content von: GastroSuisse, übermittelt durch news aktuell
Originalmeldung: https://www.presseportal.ch/de/pm/100007695/100932008
Eine breite Wirtschaftsallianz setzt sich dafür ein, dass kantonale Mindestlöhne die von Sozialpartnern ausgehandelten und vom Bund für allgemeinverbindlich erklärten Mindestlöhne nicht aushebeln. Derzeit geschieht dies in den Kantonen Neuenburg und Genf. Das Parlament berät eine Änderung des Bundesgesetzes über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen AVEG (24.096), welche solche Eingriffe unterbindet und die Zukunft der Gesamtarbeitsverträge sicherstellt.
Mindestlöhne in allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen (ave GAV) sollen Vorrang vor kantonalen Mindestlöhnen haben. Das empfiehlt die Kommission für Wirtschaft und Abgaben dem Nationalrat. Damit will sie die Motion Ettlin "Sozialpartnerschaft vor umstrittenen Eingriffen schützen" (20.4738) umsetzen. Urs Furrer, Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes sgv, sieht dadurch die Sozialpartnerschaft gestärkt: "Gesamtarbeitsverträge benötigen den Rückhalt der Verbandsmitglieder. Indem die Gewerkschaften Verhandlungsergebnisse auf politischem Weg übersteuern, gefährden sie diese Unterstützung massiv."
Der Vorrang von ave GAV ist verfassungskonform
29 Wirtschaftsverbände setzen sich gemeinsam für den Vorrang von Mindestlöhnen in ave GAV ein. Ein Rechtsgutachten von Prof.Dr. Isabelle Häner (https://gastrosuisse.ch/assets/de/verband/positionen/vernehmlassungen/gutachten-haener-mindestloehne.pdf) zeigt klar auf, dass die verfassungsrechtlichen Bedenken der Gegenseite unzutreffend sind. Die Bundesverfassung begründe nach Lehre und Rechtsprechung in diesem arbeitsrechtlichen Bereich eine umfassende Gesetzgebungskompetenz zugunsten des Bundes. Wenn der Bund ein Gesetz erlässt, entfällt die kantonale Kompetenz. Beat Imhof, Präsident von GastroSuisse, relativiert: "Die Kantone behalten ihre Kompetenz, Mindestlöhne zu erlassen, wo allgemeinverbindliche Gesamtarbeitsverträge keine Mindestlöhne vorsehen." Demokratiepolitisch fragwürdig ist hingegen die Zwängerei der Mindestlohn-Initianten. Die Schweizer Stimmbevölkerung stimmte im Jahr 2014 mit 76,3 % klar gegen einen staatlichen Mindestlohn. Nur eine einzige Gemeinde sprach sich damals knapp dafür aus. Zudem lehnten die Kantone Genf, Waadt und Wallis im Jahr 2011 bzw. 2014 bereits einen kantonalen Mindestlohn ab. In diesen Kantonen entschied oder entscheidet die Stimmbevölkerung innerhalb kurzer Zeit dreimal über einen Mindestlohn. Unterdessen gilt im Kanton Genf ein kantonaler Mindestlohn.
Allgemeinverbindliche Gesamtarbeitsverträge schützen vor Lohndumping
Ave GAV bieten einen umfassenden Schutz für alle Arbeitnehmenden einer Branche, einschliesslich entsandter Angestellter. Sie fördern das Prinzip "gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort". Kantonale Mindestlöhne hingegen gelten nicht für ausserkantonale und ausländische Entsandte. Nur Mindestlöhne in ave GAV schützen folglich umfassend vor Lohndumping. Der umfassendere Geltungsbereich von ave GAV erklärt auch, weshalb Gewerkschaften im Rahmen der Bilateralen III mehr ave GAV als zusätzlichen Lohnschutz fordern. Somit anerkennen sie selbst die begrenzte Wirksamkeit kantonaler Mindestlöhne. Staatliche Mindestlöhne schaden auch dem Bildungssystem. Ein Einheits-Mindestlohn reduziert den Anreiz, sich aus- und weiterzubilden, da die Bildung weniger lohnrelevant ist. Abgestufte Mindestlöhne in ave GAV berücksichtigen die Ausbildung, die Berufsart oder die Erfahrung. Solche Branchen-Mindestlöhne für ausgebildetes Personal liegen deutlich über kantonalen Mindestlöhnen. Ein Vorrang kantonaler Mindestlöhne führt zu einer Nivellierung der Löhne und schadet damit der Berufsbildung.
Ein kantonaler Mindestlohn führt nicht aus der Sozialhilfe
Laut dem Bundesamt für Statistik (https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/soziale-sicherheit/sozialhilfe.assetdetail.33346054.html) gelang es im Jahr 2023 einem Viertel der Sozialhilfebezügerinnen und -bezügern, durch die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit unabhängig von der Sozialhilfe zu werden. Die Sozialhilfequote sinkt auch in den Kantonen mit einem kantonalen Mindestlohn und einem Vorrang von ave GAV. Anders stellt sich die Situation in den beiden Kantonen Genf und Neuenburg dar, die den Mindestlöhnen in ave GAV keinen Vorrang einräumen: Während die Sozialhilfequote in Neuenburg seit der Einführung des kantonalen Mindestlohns abgenommen hat, ist sie in Genf gestiegen. Die Statistik zeigt auch, dass die Sozialhilfequote im Kanton Neuenburg hauptsächlich wegen der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit sinkt und nicht infolge gestiegener Löhne. Die Annahme, Mindestlöhne würden erwerbstätige Sozialhilfeempfänger aus der Armut führen, greift zu kurz. In der Schweiz sind "Working Poor" in der Regel nicht vollständig arbeitsfähige Personen. Sie bleiben vor allem wegen eines eingeschränkten Arbeitspensums auf Sozialhilfe angewiesen. Gesundheitliche Probleme, psychische Belastungen oder familiäre Verpflichtungen hindern sie daran, mehr zu arbeiten. Die Verbesserung der Arbeitsfähigkeit erfordert gezielte Massnahmen wie die Förderung der psychischen Gesundheit und finanzierbare KITA-Angebote (vgl. Bericht: Sozialhilfe in Schweizer Städten: Die Kennzahlen 2023 im Vergleich (https://staedteverband.ch/cmsfiles/bericht_sozialhilfe_ch_staedte_kennzahlen_2023_de.pdf?v=20250522122818)).
Pressekontakt:
Urs Furrer, Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes sgv, Tel. 079 215 81 30, u.furrer@sgv-usam.ch
Beat Imhof, Präsident GastroSuisse, Tel. 079 773 29 15, beat.imhof@gastrosuisse.ch
Severin Hohler, Leiter Politik und Wirtschaft GastroSuisse, Tel. 044 377 52 50, severin.hohler@gastrosuisse.ch
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Originalmeldung: https://www.presseportal.ch/de/pm/100007695/100932008
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