ODESSA (dpa-AFX) - Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Russland vorgeworfen, weitreichendere Eroberungspläne zu verfolgen, als offiziell bekannt. "Die russischen Militärpläne zielen auf diese Region - Odessa - und dann auf die Grenzen zu Moldawien und Rumänien", sagte Selenskyj bei einem Gipfel mit den Staats- und Regierungschefs aus Südosteuropa in Odessa. Russland strebe danach, in der Region Chaos zu säen, um Europa insgesamt zu schwächen.
Kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs hatte Rustam Minnekajew, ein ranghoher General in Moskau, die Kontrolle über den Süden der Ukraine und den Landweg zu der von Moldau abtrünnigen Region Transnistrien zu den Kriegszielen erklärt. Offiziell hatte sich der Kreml dazu allerdings nicht bekannt.
Selenskyj warnt vor Domino-Effekt
Laut Selenskyj sind die Interessen des Kremls nicht auf die Ukraine begrenzt. So schüre Russland ethnische Konflikte auf dem Balkan, habe sich in die Wahlen eingemischt und plane, die Kontrolle über die Ex-Sowjetrepublik Moldau wiederherzustellen. Wenn bei der Parlamentswahl in Moldau im September Europa Russland unterliege, werde dies Moskau ermutigen, sich noch stärker in die Angelegenheiten anderer europäischer Staaten einzumischen, warnte Selenskyj.
Bei dem Ukraine-Südosteuropa-Gipfel wollen die Staats- und Regierungschefs die Probleme der Region besprechen, aber auch Hilfe für die Ukraine koordinieren. Selenskyj bat erneut um die Stärkung der Flugabwehr, aber auch politische Unterstützung etwa beim Beitritt zur EU. Der Ukrainer veröffentlichte auf Telegram ein Video, wie er mit mehreren Staatsgästen Blumen für die gefallenen ukrainischen Soldaten niederlegt.
Serbischer Präsident Vucic in Odessa
Wegen des Gipfels ist auch erstmals seit Kriegsbeginn der serbische Präsident Alexandar Vucic in die Ukraine gereist. Vor einem Monat hatte Vucic die Militärparade in Moskau besucht. In Odessa versprach er Medienberichten zufolge, sich am Wiederaufbau von ein bis zwei ukrainischen Städten oder Regionen zu beteiligen. Serbien unterstütze die territoriale Unverletzlichkeit der Ukraine, sagte er zudem.
Die Beziehungen zwischen Serbien und Russland gelten als traditionell freundschaftlich. Belgrad verweigert sich den Sanktionen gegen Russland und hat den Westen für den von Kremlchef Wladimir Putin befohlenen Krieg gegen die Ukraine verantwortlich gemacht. Zuletzt gab es trotzdem zwischen Moskau und Belgrad Verstimmungen, als der russische Auslandsgeheimdienst Serbien den Verkauf von Munition an die Ukraine vorwarf./bal/DP/men