In ihrer zehnjährigen Amtszeit als stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende wurde ASML zum Kronjuwel der europäischen Unternehmenslandschaft. Im PLATOW-Interview spricht die Multi-Aufsichtsrätin Annet Aris über die Gründe des Erfolgs von ASML und darüber, was wirksame Corporate Governance ausmacht. Aufsichtsräte tragen ein hohes Maß an Verantwortung. Wie man damit verantwortungsbewusst umgeht, haben wir mit Annet Aris besprochen. Sie weiß, worum es dabei geht: Die Multi-Aufsichtsrätin (Jungheinrich, Randstad) und Professorin an der renommierten Managerschmiede INSEAD vereint Theorie und Praxis erfolgreicher Corporate Governance. Als stellvertetende Aufsichtratsvorsitzende von ASML war sie über 10 Jahre mit dieser unglaublichen Erfolgsgeschichte engstens verbunden. Annet Aris, Sie waren von 2015 bis 2025 stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrats bei ASML - einem der Vorzeigeunternehmen der europäischen Wirtschaft. Welche Aufgaben übernimmt ein Aufsichtsrat eigentlich, und was zeichnet einen wirklich erfolgreichen Aufsichtsrat aus? Darauf gibt es keine einfache Antwort. Aber wenn man das Ganze mit etwas Abstand betrachtet, lassen sich drei zentrale Aufgaben des Aufsichtsrats benennen. Die erste besteht darin, sicherzustellen, dass im Unternehmen alles in geordneten Bahnen verläuft - das betrifft etwa korrekte Finanzprozesse, verlässliche Kontrollsysteme und ähnliche Grundlagen. Die zweite Aufgabe ist die Prüfung der Unternehmensstrategie, wie sie vom Management entwickelt wird. Ähnlich wie in Deutschland mit seiner zweistufigen Führungsstruktur sind auch in den Niederlanden die Aufsichtsräte nicht für die Entwicklung der Strategie zuständig. Ihre Rolle ist es, diese kritisch zu hinterfragen und schließlich zu genehmigen. Das gilt ebenso für daraus abgeleitete Entscheidungen - etwa bei Fusionen oder Investitionen. Der Aufsichtsrat muss dabei sicherstellen, dass die Strategie tragfähig ist und Chancen und Risiken in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Die dritte - und meines Erachtens wichtigste - Aufgabe besteht darin, die Rolle des Arbeitgebers gegenüber dem Vorstand wahrzunehmen. Dazu gehört die Einschätzung, ob das aktuelle Führungsteam gut aufgestellt ist: Stimmen die Teamdynamiken? Bringen die Mitglieder die notwendigen Fähigkeiten für die zukünftigen Herausforderungen mit? Und nicht zuletzt: Werden sie angemessen vergütet - und nach welchen Kriterien wird ihr Erfolg bewertet? Angesichts der Vielfalt seiner Aufgaben braucht ein Aufsichtsrat eine Kombination aus ganz unterschiedlichen Fähigkeiten und Blickwinkeln: Governance- und Risikothemen erfordern Genauigkeit und Sorgfalt, für die unternehmerische Vision ist strategisches Denken gefragt, und bei der Auswahl sowie Unterstützung der Führungskräfte - die oft in sehr exponierten, einsamen Rollen agieren - kommt es auf ein hohes Maß an Empathie an. Ein wirksamer Aufsichtsrat vereint all diese Kompetenzen und arbeitet auf der Grundlage von Vertrauen und Transparenz - insbesondere im Verhältnis zum Vorstand. Schon die erste Aufgabe - den geordneten Zustand im Unternehmen sicherzustellen - scheint ...Den vollständigen Artikel lesen ...
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