Berlin/Brüssel (ots) -
- Kinder auf der Flucht erleben an EU-Grenzen systematische Rechtsverstöße
- Umgang mit schutzsuchenden Menschen schon vor Inkrafttreten von EU-Asylreform verschärft
- Save the Children fordert Schutz von Kindern und Achtung ihrer Rechte
Kinder auf der Flucht sind an den EU-Außengrenzen systematischen Misshandlungen, Inhaftierungen und anderen Rechtsverstößen ausgesetzt. Das geht aus einem neuen Bericht hervor, den die Kinderrechtsorganisation Save the Children vor dem Weltflüchtlingstag am 20. Juni veröffentlicht. Der Bericht analysiert den Umgang mit Kindern an den EU-Außengrenzen in Griechenland, Italien, Finnland, Spanien und Polen und zeigt Lücken bei den Unterstützungs- und Schutzmaßnahmen auf. Save the Children warnt ein Jahr vor Inkrafttreten der EU-Asylreform vor einer weiteren Erosion der Kinderrechte in der europäischen Migrationspolitik und fordert die Regierungen auf, den Schutz von Minderjährigen ungeachtet ihrer Herkunft sicherzustellen.
Im Juni 2026 wird das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) in Kraft treten. Viele EU-Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, arbeiten aktuell an Gesetzen für die Umsetzung der Reform, die beispielsweise die Ausweitung von Inhaftierungsmöglichkeiten an den Außengrenzen und weitere Verschärfungen, auch für Kinder, vorsieht. Gleichzeitig haben viele EU-Staaten schon jetzt ihren Umgang mit Schutzsuchenden verschärft, ohne auf die spezifischen Bedürfnisse von Kindern zu achten.
"Die Europäische Union betreibt Politik auf dem Rücken von Kindern auf der Flucht", sagt Janneke Stein, Expertin für Flucht und Migration bei Save the Children. "An den EU-Außengrenzen werden systematisch Kinderrechte verletzt - und damit europäische Grundwerte. Auch die geplante Umsetzung der GEAS-Reform in Deutschland wirft erhebliche menschen- und kinderrechtliche Fragen auf. Es besteht die Gefahr, dass Grenzverfahren den besonderen Schutzbedarfen von Minderjährigen nicht gerecht werden. Hier wird Abschreckung vor Schutz gestellt und die Kinder müssen die Folgen tragen."
Der Bericht "Crossing Lines. Realities of Migrant Children at EU External Borders" enthält zahlreiche Berichte von Minderjährigen über ihre Erfahrungen an den Grenzen zur Europäischen Union. Sie berichten von Zurückweisungen, Inhaftierungen, Gewalt und Einschüchterungsmaßnahmen.
So wie der 17-jährige Ahmed* aus Ägypten, der seine Ankunft in Griechenland beschreibt: "Wir wollten nach Rhodos. Irgendwann sagte der Bootsführer, dass die Küstenwache zehn Kilometer von uns entfernt sei und er nicht weiterfahren könne. Wir hatten unsere Pässe dabei und bekamen Angst. Wir schwammen los und erreichten Symi in Griechenland. Als wir ankamen, begannen sie auf uns zu schießen, etwa 70 Schüsse."
Kinderrechtliche Standards werden an den EU-Grenzen systematisch missachtet. So werden viele Jugendliche bei der Alterseinschätzung fälschlicherweise als Erwachsene eingestuft und in Haftanstalten für Erwachsene untergebracht. Sie erhalten keine angemessene Betreuung oder eine rechtliche Vertretung.
"Die mit der GEAS-Reform geplanten Maßnahmen bereiten uns große Sorge", betont Janneke Stein. "In den geplanten Verfahren an den Außengrenzen, also in Deutschland an Flughäfen, könnten aufgrund mangelnder Zeit, fehlender kindgerechter Informationen und Unterstützung kindspezifische Fluchtgründe schwerer erkannt werden. Dazu gehören zum Beispiel weibliche Genitalverstümmelung oder Zwangsrekrutierung zu Kindersoldat*innen. Zudem können Kinder in Haft genommen werden. Das steht in einem eklatanten Widerspruch zum Vorrang des Kindeswohls und sollte bei der Umsetzung in Deutschland gesetzlich ausgeschlossen werden. Rechtsstaatlichkeit und Werte wie Solidarität und Menschlichkeit sind nicht verhandelbar."
Save the Children fordert, dass die Grundsätze der UN-Kinderrechtskonvention, der EU-Grundrechtecharta und der Europäischen Menschenrechtskonvention gewahrt werden.
Weitere Forderungen sind:
- Faire und kindgerechte Alterseinschätzung und Vulnerabilitätsprüfungen, damit Kinder nicht fälschlicherweise als Erwachsene eingestuft werden.
- Schulung von Grenzbeamt*innen in kindgerechten, traumasensiblen Ansätzen - insbesondere im Umgang mit Mädchen und Überlebenden geschlechtsspezifischer Gewalt.
- Keine Inhaftierung von Kindern und Unterbringung in einer kindgerechten Umgebung.
* Name zum Schutz geändert
Eine Zusammenfassung des Berichts finden Sie unter diesem Link (https://www.savethechildren.de/fileadmin/user_upload/Downloads_Dokumente/Berichte_Studien/2025/Report_CrossingLines_Summary.pdf), die vollständige Version finden Sie hier (https://www.savethechildren.de/fileadmin/user_upload/Downloads_Dokumente/Berichte_Studien/2025/CrossingLines_Vollversion.pdf).
Bei Interviewanfragen wenden Sie sich bitte an unsere Pressestelle.
Über Save the Children
Im Nachkriegsjahr 1919 gründete die britische Sozialreformerin und Kinderrechtlerin Eglantyne Jebb Save the Children, um Kinder in Deutschland und Österreich vor dem Hungertod zu retten. Heute ist die inzwischen größte unabhängige Kinderrechtsorganisation der Welt in rund 120 Ländern tätig. Save the Children setzt sich ein für Kinder in Kriegen, Konflikten und Katastrophen. Für eine Welt, die die Rechte der Kinder achtet, in der alle Kinder gesund und sicher leben sowie frei und selbstbestimmt aufwachsen und lernen können - seit über 100 Jahren.
Pressekontakt:
Save the Children Deutschland e.V.
Pressestelle - Susanne Sawadogo
Tel.: +49 (0)30 - 27 59 59 79 - 120
Mail: susanne.sawadogo@savethechildren.de
Original-Content von: Save the Children Deutschland e.V., übermittelt durch news aktuell
Originalmeldung: https://www.presseportal.de/pm/106106/6057687
- Kinder auf der Flucht erleben an EU-Grenzen systematische Rechtsverstöße
- Umgang mit schutzsuchenden Menschen schon vor Inkrafttreten von EU-Asylreform verschärft
- Save the Children fordert Schutz von Kindern und Achtung ihrer Rechte
Kinder auf der Flucht sind an den EU-Außengrenzen systematischen Misshandlungen, Inhaftierungen und anderen Rechtsverstößen ausgesetzt. Das geht aus einem neuen Bericht hervor, den die Kinderrechtsorganisation Save the Children vor dem Weltflüchtlingstag am 20. Juni veröffentlicht. Der Bericht analysiert den Umgang mit Kindern an den EU-Außengrenzen in Griechenland, Italien, Finnland, Spanien und Polen und zeigt Lücken bei den Unterstützungs- und Schutzmaßnahmen auf. Save the Children warnt ein Jahr vor Inkrafttreten der EU-Asylreform vor einer weiteren Erosion der Kinderrechte in der europäischen Migrationspolitik und fordert die Regierungen auf, den Schutz von Minderjährigen ungeachtet ihrer Herkunft sicherzustellen.
Im Juni 2026 wird das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) in Kraft treten. Viele EU-Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, arbeiten aktuell an Gesetzen für die Umsetzung der Reform, die beispielsweise die Ausweitung von Inhaftierungsmöglichkeiten an den Außengrenzen und weitere Verschärfungen, auch für Kinder, vorsieht. Gleichzeitig haben viele EU-Staaten schon jetzt ihren Umgang mit Schutzsuchenden verschärft, ohne auf die spezifischen Bedürfnisse von Kindern zu achten.
"Die Europäische Union betreibt Politik auf dem Rücken von Kindern auf der Flucht", sagt Janneke Stein, Expertin für Flucht und Migration bei Save the Children. "An den EU-Außengrenzen werden systematisch Kinderrechte verletzt - und damit europäische Grundwerte. Auch die geplante Umsetzung der GEAS-Reform in Deutschland wirft erhebliche menschen- und kinderrechtliche Fragen auf. Es besteht die Gefahr, dass Grenzverfahren den besonderen Schutzbedarfen von Minderjährigen nicht gerecht werden. Hier wird Abschreckung vor Schutz gestellt und die Kinder müssen die Folgen tragen."
Der Bericht "Crossing Lines. Realities of Migrant Children at EU External Borders" enthält zahlreiche Berichte von Minderjährigen über ihre Erfahrungen an den Grenzen zur Europäischen Union. Sie berichten von Zurückweisungen, Inhaftierungen, Gewalt und Einschüchterungsmaßnahmen.
So wie der 17-jährige Ahmed* aus Ägypten, der seine Ankunft in Griechenland beschreibt: "Wir wollten nach Rhodos. Irgendwann sagte der Bootsführer, dass die Küstenwache zehn Kilometer von uns entfernt sei und er nicht weiterfahren könne. Wir hatten unsere Pässe dabei und bekamen Angst. Wir schwammen los und erreichten Symi in Griechenland. Als wir ankamen, begannen sie auf uns zu schießen, etwa 70 Schüsse."
Kinderrechtliche Standards werden an den EU-Grenzen systematisch missachtet. So werden viele Jugendliche bei der Alterseinschätzung fälschlicherweise als Erwachsene eingestuft und in Haftanstalten für Erwachsene untergebracht. Sie erhalten keine angemessene Betreuung oder eine rechtliche Vertretung.
"Die mit der GEAS-Reform geplanten Maßnahmen bereiten uns große Sorge", betont Janneke Stein. "In den geplanten Verfahren an den Außengrenzen, also in Deutschland an Flughäfen, könnten aufgrund mangelnder Zeit, fehlender kindgerechter Informationen und Unterstützung kindspezifische Fluchtgründe schwerer erkannt werden. Dazu gehören zum Beispiel weibliche Genitalverstümmelung oder Zwangsrekrutierung zu Kindersoldat*innen. Zudem können Kinder in Haft genommen werden. Das steht in einem eklatanten Widerspruch zum Vorrang des Kindeswohls und sollte bei der Umsetzung in Deutschland gesetzlich ausgeschlossen werden. Rechtsstaatlichkeit und Werte wie Solidarität und Menschlichkeit sind nicht verhandelbar."
Save the Children fordert, dass die Grundsätze der UN-Kinderrechtskonvention, der EU-Grundrechtecharta und der Europäischen Menschenrechtskonvention gewahrt werden.
Weitere Forderungen sind:
- Faire und kindgerechte Alterseinschätzung und Vulnerabilitätsprüfungen, damit Kinder nicht fälschlicherweise als Erwachsene eingestuft werden.
- Schulung von Grenzbeamt*innen in kindgerechten, traumasensiblen Ansätzen - insbesondere im Umgang mit Mädchen und Überlebenden geschlechtsspezifischer Gewalt.
- Keine Inhaftierung von Kindern und Unterbringung in einer kindgerechten Umgebung.
* Name zum Schutz geändert
Eine Zusammenfassung des Berichts finden Sie unter diesem Link (https://www.savethechildren.de/fileadmin/user_upload/Downloads_Dokumente/Berichte_Studien/2025/Report_CrossingLines_Summary.pdf), die vollständige Version finden Sie hier (https://www.savethechildren.de/fileadmin/user_upload/Downloads_Dokumente/Berichte_Studien/2025/CrossingLines_Vollversion.pdf).
Bei Interviewanfragen wenden Sie sich bitte an unsere Pressestelle.
Über Save the Children
Im Nachkriegsjahr 1919 gründete die britische Sozialreformerin und Kinderrechtlerin Eglantyne Jebb Save the Children, um Kinder in Deutschland und Österreich vor dem Hungertod zu retten. Heute ist die inzwischen größte unabhängige Kinderrechtsorganisation der Welt in rund 120 Ländern tätig. Save the Children setzt sich ein für Kinder in Kriegen, Konflikten und Katastrophen. Für eine Welt, die die Rechte der Kinder achtet, in der alle Kinder gesund und sicher leben sowie frei und selbstbestimmt aufwachsen und lernen können - seit über 100 Jahren.
Pressekontakt:
Save the Children Deutschland e.V.
Pressestelle - Susanne Sawadogo
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