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BERLIN/GENF (dpa-AFX) - Inmitten des Kriegs zwischen Israel und dem Iran startet Bundesaußenminister Johann Wadephul eine diplomatische Initiative zur Deeskalation. Gemeinsam mit seinen Kollegen aus Frankreich und Großbritannien will er den iranischen Außenminister Abbas Araghtschi am Freitag zu einem Gespräch in Genf treffen, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Diplomatenkreisen in Berlin erfuhr.
Mit seinem französischen Kollegen Jean-Noël Barrot, dem britischen Außenminister David Lammy sowie der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas habe er Araghtschi zuletzt ein Verhandlungsangebot gemacht, sagte Wadephul bei einem Treffen mit dem jordanischen Chefdiplomaten Aiman al-Safadi in Berlin. Man sei weiterhin bereit, über eine Lösung zu verhandeln. Dazu müsse sich der Iran aber dringend bewegen und "vertrauensbildende und nachprüfbare Maßnahmen ergreifen, etwa indem die Führung in Teheran glaubhaft macht, dass sie keine Atomwaffen anstrebt". Wadephuls Botschaft: "Es ist nie zu spät, an den Verhandlungstisch zu kommen, wenn man in ehrlicher Absicht kommt."
Israel will Entwicklung von Atomwaffen im Iran verhindern
Am vergangenen Freitag hatte Israel einen Großangriff auf den Erzfeind Iran begonnen. Seither attackieren die israelischen Streitkräfte immer wieder Ziele in der Islamischen Republik an, während die iranischen Streitkräfte ihrerseits Raketen auf die Atommacht Israel abfeuern. Nach israelischer Darstellung ist das wichtigste Ziel des Krieges, den Iran an der Entwicklung von Atomwaffen zu hindern. Die iranische Führung hingegen dementiert seit Jahren, den Bau von Kernwaffen anzustreben - und pocht auf das Recht, Atomkraft für friedliche Zwecke zu nutzen.
Mit seinem Vorstoß will Wadephul die sogenannten E3-Staaten Deutschland, Frankreich und Großbritannien - die seit Jahren versuchen, mit Teheran über dessen Atomprogramm zu verhandeln - und den Iran wieder an einen Tisch bringen. Die Unterhändler waren bei der zentralen Frage der Urananreicherung nicht weitergekommen.
Der Iran hatte zuletzt mit der weiteren Anreicherung des radioaktiven Schwermetalls auf einen höheren Reinheitsgrad die Befürchtung genährt, er werde möglicherweise schon bald genügend kernwaffenfähiges Material für eine vernichtende Bombe haben. Zwar zeigte sich die Führung in Teheran bereit, das Programm wie im Wiener Atomabkommen von 2015 vereinbart wieder einzuschränken. Die Fähigkeit zur Anreicherung wollte sie jedoch nicht aufgeben.
"Drecksarbeit": Kritik an Merz' Äußerung über Israels Angriffe
Beim G7-Gipfel in Kanada betonten auch die führenden Industrieländer in einer gemeinsamen Erklärung, dass der Iran nicht in den Besitz von Atomwaffen kommen dürfe. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sagte im ZDF zu den israelischen Angriffen auf Atomanlagen und iranisches Führungspersonal: "Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle." Für die Wortwahl und die von ihm geäußerte Unterstützung der Angriffe wurde er daraufhin kritisiert.
Kanzleramtschef Thorsten Frei verteidigte Merz. "Das, was der Bundeskanzler ausgedrückt hat mit seinen Worten war, dass es auch in unser aller Interesse nicht sein kann, dass ein Terrorregime wie das iranische Mullah-Regime in Besitz der Atomwaffe ist", sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Es gehe aber nicht nur um die Atomwaffen. "Auch die Raketentechnologie im Iran ist so, dass Mittelstreckenraketen eben sehr weitreichende Ziele auch in Europa erreichen können. Und deshalb können wir nicht so tun, als ginge uns das alles nichts an."
Israels Luftwaffe attackiert Ziele im Iran
Das israelische Militär attackierte den Iran in der Nacht nach eigenen Angaben erneut aus der Luft. Dabei seien Ziele in der Hauptstadt Teheran und anderen Gebieten des Landes angegriffen worden, teilten die Streitkräfte mit. Zuvor hatte der Iran nach israelischen Militärangaben mehrere Raketen auf Israel abgefeuert. Berichte über Opfer der gegenseitigen Angriffe gab es zunächst nicht.
Kurz darauf riefen die israelischen Streitkräfte die Bewohner eines Gebiets nahe der iranischen Städte Arak und Chondab dazu auf, sich in Sicherheit zu bringen. Die Armee werde dort militärische Anlagen angreifen, hieß es. In der Region liegt ein Schwerwasserreaktor. Schweres Wasser hilft bei der Kühlung von Kernreaktoren, erzeugt aber als Nebenprodukt Plutonium, das potenziell auch für Kernwaffen verwendet werden kann.
Rüstungsexporte für vier Millionen Euro nach Israel genehmigt
Wie vielschichtig und kompliziert die Beziehungen zu Israel auch für Deutschland sind, zeigen aktuelle Zahlen. So genehmigte die neue Bundesregierung von Union und SPD in den ersten fünf Wochen ihrer Amtszeit Rüstungsexporte für knapp vier Millionen Euro an Israel. Das teilte das Wirtschaftsministerium auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Desiree Becker mit, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Danach wurden deutschen Herstellern zwischen dem 7. Mai und dem 10. Juni 2025 Rüstungslieferungen für 3,986 Millionen Euro in das Land erlaubt, das vor allem wegen seines militärischen Vorgehens im palästinensischen Gazastreifen mit vielen zivilen Opfern massiv in der Kritik steht. Kriegswaffen waren den Angaben zufolge aber nicht unter den Lieferungen./arb/DP/zb