DJ MARKT-AUSBLICK/Politik verliert an Schrecken
Von Herbert Rude
DOW JONES--In der kommenden Woche könnte die Politik endlich wieder einmal an Einfluss auf die Börsen verlieren. Zwar dürfte der Luftkrieg zwischen Israel und dem Iran weitergehen. Angesichts der schwindenden Zahl an iranischen Raketenabschussrampen und vermutlich auch Raketen lässt das negative Überraschungspotenzial aber nach, und Donald Trump scheint der Diplomatie mehr Chancen einzuräumen. Die Ölpreise sollten damit ihre Höchststände erst einmal hinter sich haben. Damit sind die Aussichten für eine moderate Erholung an den Börsen gut.
Denn das zweite politische Damoklesschwert ist bereits in den Hintergrund geraten. Mit der von Donald Trump angekündigten Zollpause dürften die Börsen von dieser Seite bis in den Juli hinein von negativen Schlagzeilen weitgehend verschont bleiben.
Da es auf Unternehmensseite in der kommenden Woche voraussichtlich relativ ruhig bleiben dürfte, könnten zur Abwechslung Konjunkturerwartungen in den Vordergrund treten. Am Montag werden neue Einkaufmanagerindizes veröffentlicht, am Dienstag der Ifo-Geschäftsklima-Index. Bei diesem wird von den Commerzbank-Volkswirten ein weiterer Anstieg auf 88,0 erwartet. Auch die Einkaufsmanagerindizes sollen sich weiter verbessert haben und sich in Deutschland langsam der Schwelle von 50 von unten annähern. In der Eurozone dürfte der kombinierte Einkaufsmanagerindex laut der Commerzbank mit 50,5 nach 50,2 im Mai die Schwelle von 50 weiter hinter sich lassen.
Damit entwickeln sich die Konjunkturerwartungen voraussichtlich zunehmend positiv. Die deutschen Konjunkturpakete und die Zinssenkungen der EZB dürften die deutsche Wirtschaft im kommenden Jahr endlich einmal kräftig wachsen lassen, laut der Commerzbank real um 1,4 Prozent. Das wiederum könnte im kommenden Jahr zu einem deutlichen Anstieg der Unternehmensgewinne führen. Ab der nahenden Jahresmitte werden erfahrungsgemäß zunehmend die 2026er Gewinnschätzungen in den Blick rücken, und da sind für den DAX laut Beobachtern 1.600 bis 1.650 in DAX-Punkte umgerechneter Gewinn möglich. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 14 wäre der DAX dann für einen Zinssenkungszyklus eher wieder günstig bewertet.
Gerade auch gemessen an den ungewissen Aussichten der hoch bewerteten US-Märkte bleibt der DAX damit aussichtsreich. Da der Dollar im Umfeld von Zinssenkungserwartungen und schwächerer US-Konjunktur abwertungsgefährdet bleibt, dürften globale Anleger an ihren Investments in der Eurozone weiter festhalten. Noch ist der kurzfristige Abwärtstrend im DAX zwar intakt. Er verläuft aber nun bereits bei gut 23.300 Punkten, damit sollte ein schnelles Überwinden und damit eine Entspannung auch der charttechnischen Situation nicht überraschen.
Auf Unternehmensseite rückt Continental mit dem Kapitalmarkttag in den Blick. Ab September soll die Aufspaltung des Konzerns in die drei Einzelbereiche Automotive, Contitech und Tires starten, zunächst mit der Abspaltung von Automotive. Daneben werden am Montag die Anfang Juni beschlossenen Indexveränderungen wirksam. Die Rheinmetall-Aktie wird dann erstmals im Euro-Stoxx-50 gehandelt. Eine Fortsetzung der Konsolidierung sollte nach den starken Hausse-Gewinnen der Aktie nicht überraschen.
Mit Autodoc steht der Börsengang eines potenziellen SDAX-Kandidaten im Blick. Die Erstnotiz ist für den Mittwoch geplant.
Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com
DJG/hru/gos
(END) Dow Jones Newswires
June 20, 2025 05:09 ET (09:09 GMT)
Copyright (c) 2025 Dow Jones & Company, Inc.