BERLIN (dpa-AFX) - Bei deutlich sinkender Arbeitslosigkeit könnten beim Bürgergeld nach Einschätzung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) Milliardensummen eingespart werden. "Ein Fall von Arbeitslosigkeit in der Grundsicherung kostet die öffentlichen Haushalte pro Jahr mehr als 25.000 Euro. Ginge die Arbeitslosenzahl um 100.000 zurück, ergäben sich also fiskalische Vorteile von fast 3 Milliarden Euro", sagte der IAB-Forschungsbereichsleiter für gesamtwirtschaftliche Analysen, Enzo Weber, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Einsparungen trotz steigender Arbeitslosigkeit?
Weber betonte allerdings, dass dafür viele Voraussetzungen gegeben sein müssten. "Diese Größenordnungen sind möglich, wenn der steigende Trend der Arbeitslosigkeit nachhaltig umgekehrt wird", sagte er. 2,914 Millionen Menschen sind in Deutschland derzeit arbeitslos, 188.000 mehr als im Juni 2024. Die Arbeitslosenquote - heute 6,2 Prozent - liegt im Vergleich zum Juni 2024 um 0,4 Prozentpunkte höher.
Die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA), Andrea Nahles, hatte bei der jüngsten Vorstellung der Arbeitsmarktzahlen festgestellt: "Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wächst praktisch nicht mehr." Forscher befürchten drei Millionen Arbeitslose in diesem Sommer.
Weber beschreibt, wie eine Trendwende aus seiner Sicht gelingen könnte: "Dafür müssen alle Register gezogen werden: verbindliche Regeln und Pflichten, intensive individuelle Unterstützung, stärkere Qualifizierung, bessere finanzielle Anreize, Arbeit auszuweiten und eine wirtschaftliche Erneuerungspolitik für mehr neue Jobchancen."
32.900 Empfänger mit Sanktionen
Wenn am Mittwochabend die Spitzen der Koalition bei Kanzler Friedrich Merz (CDU) über Schwerpunkte der nächsten Zeit verhandeln, soll es auch um kurzfristig mögliche Einsparungen beim Bürgergeld gehen.
Nach dpa-Informationen sollen es 1,5 Milliarden im nächsten Jahr sein. Die "Bild"-Zeitung hatte zuerst berichtet. So sollen verschärfte Sanktionen bei Verfehlungen und mangelnder Kooperation auf Bürgergeld-Empfänger und -Empfängerinnen zukommen.
Rund 32.900 Menschen mit Bürgergeld wurden nach Angaben der BA im Februar 2025 Leistungen wegen Verfehlungen gekürzt, nach 24.700 vor einem Jahr. Rund 5,5 Millionen Menschen beziehen Bürgergeld. Insgesamt sind laut BA im März 3,9 Milliarden Euro Bürgergeld an sogenannte Leistungsberechtigte geflossen, was kaum eine Veränderung gegenüber März 2024 darstellt. Im März 2023 waren es 3,5 Milliarden Euro./bw/DP/zb