BERLIN (dpa-AFX) - Die zwischen Union und SPD verabredete ausgeweitete Mütterrente ist nach Einschätzung des Vorstands der Rentenversicherung "ein ziemlich kompliziertes Ding" und kann daher wahrscheinlich erst 2028 ausgezahlt werden. Zur jüngsten Einigung im Koalitionsausschuss, damit schon 2027 zu beginnen, äußerte sich die Vorsitzende des Bundesvorstands, Anja Piel, skeptisch. Alles müsse komplett neu berechnet werden, ungefähr zehn Millionen Renten seien betroffen, sagte sie der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft.
Dazu gebe es im Einzelfall womöglich noch Ansprüche auf Grundrente, Hinterbliebenenrente oder auch Grundsicherung. "All diese Wechselwirkungen auch zu anderen Sozialleistungen müssen bedacht werden."
Union und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, die Mütterrente für alle Mütter einheitlich zu regeln. Sie soll mit drei Rentenpunkten für alle gelten, unabhängig vom Geburtsjahr der Kinder. Das Geld dafür soll aus der Steuerkasse kommen. Bisher werden Erziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder weniger stark auf dem Rentenkonto gutgeschrieben.
Rückwirkung "noch einmal komplizierter"
Piel sagte, zudem sei die Rentenversicherung immer noch mit der Umsetzung von Prozessen aus der letzten Wahlperiode beschäftigt, wie der Verbesserung der Erwerbsminderungsrente. "Deswegen ist die Auszahlung erst ab 2028 realistisch." Im Ergebnispapier des Koalitionsausschusses heißt es, angestrebt werde der Jahresbeginn 2027: "Sofern eine technische Umsetzung erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich ist, wird die Mütterrente rückwirkend ausgezahlt."
Dazu sagte Piel, eine rückwirkende Auszahlung sei "noch einmal eine größere Herausforderung und noch einmal komplizierter". "Dann muss man möglicherweise Grundsicherung oder Grundrente oder Hinterbliebenenrente gegenrechnen, sodass im Ergebnis die Rentenempfänger zwar die Mütterrentenerhöhung bekommen, gleichzeitig aber andere Rentenarten oder Sozialleistungen sinken."
Der "Süddeutschen Zeitung" sagte Piel: "Wir setzen nun auf Änderungen im parlamentarischen Verfahren."
Grundsätzliche Kritik kam vom Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes BDA, Steffen Kampeter. "Die Rentenpolitik bleibt die zentrale Schwachstelle der Koalition. Mit dem Koalitionsbeschluss rückt die Generationengerechtigkeit völlig aus dem Blick", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND)./toz/DP/mis