BRÜSSEL (dpa-AFX) - Wegen zu hoher Neuverschuldung hat der Rat der Europäischen Union grünes Licht für ein Strafverfahren gegen Österreich gegeben. Das Gremium der Regierungen der EU-Mitgliedstaaten folgte damit einer Empfehlung der EU-Kommission aus dem vergangenen Monat. Die für die Überwachung der europäischen Schuldenregeln zuständige Behörde hatte mitgeteilt, das Alpenland weise ein übermäßiges Defizit auf.
Bis 2028 soll das Defizit wieder unter die EU-Obergrenze von drei Prozent gebracht werden, dafür muss Wien nun bis Mitte Oktober Maßnahmen vorlegen. Österreich habe entsprechende Sparmaßnahmen bereits im Budgetgesetz festgeschrieben, sagte Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ). Sein Land sei "auf sehr gutem Weg, plangemäß das Defizit abzubauen", zitierte ihn die österreichische Nachrichtenagentur APA.
Kam für Wien nicht überraschend
Das Verfahren kommt für Österreich nicht überraschend. Voriges Jahr betrug das staatliche Defizit der Alpenrepublik 4,7 Prozent der Wirtschaftsleistung - es liegt damit deutlich über der EU-Obergrenze. Gleichzeitig steckt Österreich in einer Wirtschaftskrise mit starker Teuerung, schwacher Konsumnachfrage und anhaltender Rezession.
Strafverfahren sollen für solide Haushaltsführung sorgen
Das Regelwerk für Haushaltsdefizite und Staatsschulden erlaubt eine Neuverschuldung von höchstens drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), gleichzeitig darf der Schuldenstand eines Mitgliedstaates 60 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht überschreiten. Ob die EU-Länder die Regeln einhalten, wird von der Europäischen Kommission überwacht.
Ziel der sogenannten Defizitverfahren ist es, Staaten zu solider Haushaltsführung zu bringen. Theoretisch sind bei anhaltenden Verstößen auch Strafen in Milliardenhöhe möglich. In der Praxis wurden diese aber noch nie verhängt.
Land muss Gegenmaßnahmen einleiten
Wird ein Strafverfahren eingeleitet, muss ein Land Gegenmaßnahmen einleiten, um Verschuldung und Defizit zu senken. Damit soll vor allem die Stabilität der Eurozone gesichert werden. Auch gegen Frankreich, Italien, Belgien, Ungarn, Malta, Polen, Rumänien und die Slowakei ist derzeit ein Defizitverfahren anhängig./rdz/DP/men